Juli 2020 |
Über 20 Jahre im Dienst der Information Privater, politisch unabhängiger Presse-Blog zum Thema Osteuropa und Russland _______________________________________________________________________ THEMEN UND LINKS IM JULI 2020
Russland verzeichnet mehr als eine halbe Million Corona-Virusinfizierte.
Damit liegt das Land weltweit an dritter Stelle. Das könnte mit
manipulierten und geschönten Zahlen zusammenhängen, denn der Kreml
lügt wahrscheinlich systematisch wie gedruckt und verschweigt das
wahre Ausmass der Pandemie im Land. Anfang Juli hat die Schweiz eine Liste von 29 Ländern veröffentlicht, bei denen Einreisende aus diesen Ländern sich in der Schweiz in eine 10-tägige Quarantäne begeben müssen. Von den Ländern Osteuropas sind Russland, Armenien, Aserbaidschan, Kosovo, Moldawien, Nordmazedonien, Serbien und Weissrussland (Belarus) betroffen. Inzwischen hatten sich die Hotspots der Corona-Viruspandemie nach Indien, Brasilien und Nordamerika verlagert, wobei die Zahlen der Neuinfektionen auch in Europa wieder zunahmen. Ende des Monats hatten sich laut WHO innerhalb eines Tages weltweit 292 Tausend Menschen angesteckt. Die meisten neuen Infektionsfälle gab es in den USA mit insgesamt 172 Tausend Ansteckungen. Russland belegt Rang 4 im Corona-Ranking In Russland blieb die Zahl der Virus-Neuinfektionen im August stabil über der Marke von 5000. Die Behörden melden 5267 Ansteckungen binnen 24 Stunden und damit seit dem 20. Juli weniger als 6000 neue Fälle. Die Gesamtzahl der nachgewiesenen Infektionen steigt auf 871'894. Das sind nach den USA, Brasilien und Indien die viertmeisten weltweit. Die Zahl der Todesfälle erhöhte sich um 116 auf 14'606. Im Vergleich zu anderen Staaten ist die Zahl eher niedrig. Weltweit sind inzwischen mehr als 700.000 Menschen nachweislich an oder mit dem Coronavirus gestorben. Das ergibt eine Reuters-Erhebung auf Basis offizieller Daten. Jeden Tag sterben fast 5900 Menschen weltweit, im Schnitt stirbt alle 15 Sekunden ein Mensch. Die meisten Todesfälle verzeichnen die USA, Brasilien, Indien und Mexiko.In den USA steigt die Zahl der Coronavirus-Fälle nach Angaben der US-Zentren für Seuchenkontrolle und Prävention (CDC) binnen 24 Stunden um 49'716 auf 4'698'818. Weitere 733 Menschen sind an den Folgen des Virus gestorben. Die Zahl tödlich verlaufender Ansteckungen klettert auf 155'204. Russland lässt neuen Anti-Corona-Impfstoff zu Am 12.8. liess Putin überraschend den abgekündigten russischen Anti-Corona-Impfstoff "Sputnik V" zu. Vermutlich handelt es sich um eine reine Propgandaaktion, um einen Bluff Putins, um seine Popularität zu erhöhen. Der Kurs des Rubels schnellte unverzüglich in die Höhe. Die Reaktionen der Experten aus Deutschland und anderen Ländern waren prompt negativ: Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, hat die Zulassung eines Anti-Corona-Impfstoffes in Russland scharf kritisiert. "Die Zulassung eines Impfstoffs ohne die entscheidende dritte Testreihe halte ich für ein hochrisikantes Experiment am Menschen", sagte Reinhardt in der "Rheinichen Post". es dränge sich der Eindruck auf, dass es sich um eine populistische Massnahme eines autoritär regierten Staates handle, der der Weltgemeinschaft seine wissenschaftliche Leisungsfähigkeit demonstrieren möchte, so der deutsche Ärztepräsident. Auch der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, Klaus Cichutek, hat in den "Tagesthemen" die russische Zulassung eines Corona-Impfstoffs kritisiert. Er bemängelte, dass bei dem zugelassenen Impfstoff in Russland "die statistisch signifikanten Sicherheits- und Wirksamkeitsdaten nicht erhoben worden" seien. Nur etwa 23% der Russen sollen bereit sein, sich diesen Impfstoff geben zu lassen.
Hyperlinks dazu:
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Schweiz setzt Bosnien-Herzegowina und Montenegro auf Corona-Liste
und entfernt Weissrussand -
Offizielle russische Angaben des Moskauer Oberbürgermeisteramts
(russ.)
Weitere Themen: Russland: Massenproteste in Chabarovsk nach Verhaftung des Gouverneurs Nach der Verhaftung ihres Gouverneurs Sergej Furgal gehen die Menschen von Chabarovsk seit dem 11. Juli wochenlang in Massen auf die Strasse und verlangen die Freilassung und Wiedereinsetzung Furgals. Bei den Protesten gab es auch die Forderung nach einem Rücktritt Putins. 2018 hatte der Geschäftsmann und LDPL-Aktivist die Gouverneurswahl unerwartet gegen den vom Kreml bevorzugten Kandidaten gewonnen. Die Wähler von Chabarovsk waren so zufrieden mit ihm und so unzufrieden mit der Kremlpartei, dass Furgal auch die Wahlen zum Regionalparlament gewann. Dies alles verursachte grosses Aufsehen im In- und Ausland. Am 9. Juli 2020 setzte der Kreml dieser Erfolgsgeschichte ein Ende und liess Furgal vor laufender Kamera verhaften. Zum Vorwurf werden ihm die angebliche Beteiligung an Auftragsmorden vor 15 Jahren gemacht. Furgal wurde nach Moskau gebracht und sitzt dort jetzt in U-Haft. Furgal weist jegliche Anhschulidgungen zurück. Im russischen Staatsfernsehen, das die Proteste von Chabarovsk verschweigt, wurden verschiedene angebliche Zeugen von Opfern der Auftragsmorde gezeigt. Viele Chabarovsker zweifeln an der Schuld Furgals und fragen sich, warum ausgerechnet jetzt gegen ihn Anklage erhoben wird. Furgal wurde von Putin per Dekret wegen "Vertrauensverlusts" entlassen und durch einen provisorischen Gouverneur ersetzt, der vom Volk Chabarovsks abgelehnt wird. Videos in sozialen Netzwerken zeigten, wie um Chabarovsk militärische Einheiten zusammengezogen wurden. Am 9. Juli durchsuchten Ermittler auch Wohnungen und Büros der Moskauer Lokalpolitikerin Julija Galjamina von der Bewegung "Offenes Russland", die der ehemalige Erdölmagnat Michail Chodorkovskij gegründet hatte. Galjamina hatte ein von 200 Abgeordneten aus 26 Regionen Russlands unterzeichnetes Protestschreiben gegen den "Verfssungsumsturz" veröffentlicht. Nach der gewonnen Abstimmung war Beobachtern ein verstärktes aggresves Auftreten der russischen Behörden gegen Regimekritiker aufgefallen. Die Repression in Russland hat danach eine neue Qualiät erreicht. Es fragt sich, wie lange die russische Bevölkerung dies noch zu tolerieren bereit ist. Hyperlinks dazu: -
Chabarovsk, die Stadt, die gegen Putin aufsteht
Russland: Mehrheit für neue Verfassung Bei einer umstrittenen Volksbefragung hat nach Angaben des Kremls die Mehrheit der Bevölkerung Veränderungen zur Verfassung, die von Putin vorgeschlagen wurden, mit etwa 78% bei 65% Wahlbeteiligung gutgeheissen. Von Oppositionellen in Russland und einigen internationalen Politikern wurde der Vorgang, der Putin erlaubt, bis 2036 zu regieren, aufs Schärfste kritisiert. In oppositionellen Kreisen Russlands ist gar von einem "Staatsstreich" die Rede, was wohl zutrifft. Internationale Wahlbeobachter waren nicht zugelassen. Die drei vorangegangenen Amtszeiten Putins wurden sozusagen annulliert, so dass es ihm ermöglicht wird, für weitere Amtszeiten zu kandidieren. Nicht nur der russischen Oppositionelle Alexej Navalnyj, sondern auch viele Beobachter im Ausland vermuten, dass das Resultat der Volksabstimmung durch Manipulation und Fälschung zustande gekommen ist und bereits im voraus vom Kreml mehr oder minder festgelegt worden war. Möglicherweise wurde Putin von Hardlinern des Systems (Geheimdienstchef, Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrates) dazu gedrängt, zu Gunsten der Stabilität sich als Präsident weiter zur Vefügung zu stellen, weil ihnen zufolge die Zeit für eine Nachfolgediskussion noch nicht reif war. Ein Rücktritt oder eine Abwahl Putins hätte vermutlich fatale Folgen für Russland. Nach dieser "Theorie" wird Putin also die Rolle eines Staaschefs zugewiesen, zu dem es keine Alternative gibt. Auch sind Aussen- und Innenpolitik in Russland viel verknüpfter als in anderen Ländern. Aber Russlands Kriege in Syrien und Libyen nützen Putin in der Innenpolitik nicht mehr viel. Die Euphorie der Krim-Annexion von 2014 ist längst verflogen, aber die westlichen Sanktionen gegen Russland sind geblieben. Hyperlinks dazu: -
Die
Zähmung der Elite von Tatjana Stanovaja (russ.)
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Putins Stärke resultiert aus der Schwäche des Westens
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Die Gefängnis-Feuerinsel im Gebiet Vologda
II
III - Verbietet Putin jetzt sogar den Regenbogen? -
Bündnis "Das andere Russland"
Russland: Putin veröffentlicht geschichtsklitternden Artikel Kürzlich hat Putin in einer konservativen US-amerikanischen Zeitschrift unter dem Titel "75. Jahrestag des Grossen Sieges" einen kuriosen Geschichtsaufsatz veröffentlicht. Darin gibt der Autor dem Münchner Abkommen von 1938 und Polen eine Mitschuld am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Ausserdem wird behauptet, die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen seien 1939 aus freiwilligen Stücken der UdSSR beigetreten. Von westlichen Historikern und Kommentatoren wurde der Beitrag als reine Geschichtsklitterung eines fehlgeleiteten Politikers abgetan. Offenbar handelt es sich bei Putins Beitrag um eine Gegendarstellung zur Resolution des Europarates, die er im vergangenen September zum Ende des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren verabschiedet hatte. Für westliche Historiker gilt hingegen der deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt vom 23. August 1939 als Initialzündung zum 2. WK. Ausserdem wurde Putin vorgeworfen, verschiedene historische Fakten, die nicht in sein einseitiges Geschichtsbild passten, auszulassen und zu verschweigen. Der "Beitritt" der drei baltischen Staaten wurde von den Stalinisten 1939 so arrangiert, nachdem diese drei Länder in einen geheimen Zusatzprotokoll zum sog. Hitler-Stalin-Pakt der sowjetischen Einflussspähre zugeschrieben wurden. Die sowjetischen Deportationen der baltischen Völker werden verschwiegen, ebenfalls das Massaker an polnischen Offizieren in Katyn. Die Ukrainer werden der Kollaboboration mit den Nazis bezichtigt. Bei Putins dreister Geschichtslektion handelt es sich um nichts anderes, als die westlichen Grossmächte und Polen als ehemalige Nazikollaborateure zu diskreditieren und für den Ausbruch des 2. WK mitverantwortlich zu machen, das anfängliche Versagen Stalins im Krieg mit entlarvenden Konterbehauptungen aus dem Argumentationsarsenal des Kremls an die Adresse des Westens zu übertünchen und Russland als historisch und moralisch überlegenen Helden zu verklären. Ferner wirft Putin dem Westen Geschichtsrevisionismus, obwohl er mit seinem Bestreben, die Beschlüsse von Jalta zu revidieren, einen eigenen Revisionismus betreibt. Die wahren Absichten der komplexen Aussenpolitik Putins werden in keinen Analysen dieses "Strategen" thematisiert und bleiben im Dunkeln, so dass von ihm absichtlich reichlich Raum für allerlei Spekulationen geschaffen wird. Er sieht es gerne, wenn die von ihm auf Trab gehaltene (freie) Welt sich an ihnen abarbeitet, damit die Aufmerksamkeit für den Herrscher im Kreml rund um die Uhr gewährleistet wird. Denn er möchte von den Amerikanern auf Augenhöhe respektiert werden, was wohl eine Illusion bleiben muss. Am Ende biedert sich Putin, der die üblen kriegerischen und zivilen Schandtaten seiner Amtszeit geschickt umgeht, weil sie nicht zum Thema passen, auch noch mit kaum auszuhaltender Heuchelei bei der UN an, deren Friedensbemühungen er selbst mit seinem Vetorecht immer wieder zu unterwandern und sabotieren bemüht ist. Zu beklagen ist bei diesem falschen Geschichtsbild auch der patriotisch verbrämte (Anti-)Kriegskult Russlands, der von Putin und seinen Propaganda-Demagogen geschürte Hass auf den Westen, die systematische Unterdrückung des Erinnerns an den stalinistschen Terror und das völlige Fehlen der Anerkennung der historischen Wahrheit, dass ganz Osteuropa während 45 Jahren (1945-1989) unter der brutalen sowjetisch-kommunistischen Okkupation zutiefst gelitten hat. Zweifellos kennt Putin die historischen Fakten ziemlich gut. Es ist heutzutage aber auch kein grosses Problem, sie gut zu kennen. Sein grösstes Problem ist, dass er nicht ehrlich genug gegenüber der Geschichte ist. Der ukrainische Botschafter in Deutschland klassifizierte den Artikel Putins als plumpe Geschichtslektion altsowjetischen Stils und hält den Text aber auch für brandgefährlich und für eine unverhüllte Drohung an Europa, das die Einflusszone Moskaus anerkennen soll. Sein mit wachsender Aggressivität verfolgtes Bestreben, die Geschichte und Vorgeschichte des Zweiten Weltkriegs im Sinne seines neosowjetischen und grossrussisch-nationalistischen Narrativs umzuschreiben, ist Bestandteil seiner "hybriden" Kriegsführung gegen den Westen und die von ihm beanspruchte Weltordnung. Der Informationskrieg Putins, der im Westen nach alter sowjetischer Geheimdienstmanier Konfusion und Angst verbreiten soll, hat viele Facetten und umfasst selbstverständlich auch die Wissenschaft und Publizistik, die von ihm gnadenlos manipuliert wird. Hyperlinks dazu: -
Scharfe Reaktion seitens der Ukraine
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Buchtipp: Putins russische Welt von Manfred Quiring (2017) im
epub-Format
II
III
(russ.)
IV (russ.) -
Dmitrij Trenin: Russia ( 2019)
Rossija (2006, pdf)
Rossija i mir v XXI veke II
III
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Lesenswert: "Die Nachtwölfe" von Peter Pomerantsev
Kroatien: HDZ gewinnt Parlamentswahlen Am 5.7. fanden in Kroatien vorgezogene Parlamentswahlen statt. Dabei konnte die regierende nationalkonservative HDZ mit Andrej Plenkoviæ ihre Mandate im Vergleich mit den Wahlen von 2016 halten. Allerdings gingen zahlreiche Sitze an eine neue rechtspopulistische Partei, die zur drittstärksten politischen Kraft aufstieg und mit der die HDZ u.U. eine Mehrheit im Parlament bilden muss. So gesehen hat sich in Kroatien ein politischer Rechtsrutsch ereignet. Im Vorfeld der Wahlen lag bei Umfragen jedoch die Linke vorne. Der als Schaffer ohne Charisma geltende und ausserhalb Kroatiens kaum bekannte Plenkoviæ dürfte somit Regierungschef Kroatiens bleiben, obwohl eine schwierige Regierungsbildung erwartet wird. Der Urnengang stand im Schatten der Corona-Pandemie. Fällig wäre er erst gegen Ende des Jahres geworden. Doch Ministerpräsident Andrej Plenkoviæ zog ihn vor, um davon zu profitieren, dass seine Regierung die Pandemie zunächst erfolgreich zurückgedrängt hatte. Nun ist sie wieder zurückgekommen, denn die Infektionszahlen stiegen inzwischen wieder an. In den Wahllokalen herrschte Maskenpflicht und die Wahlbürger mussten ihre eigenen Kugelschreiber mitnehmen, um den Stimmzettel auszufüllen. Hyperlinks dazu: -
Pressemitteilungen
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Weitere Themen:
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