Putin-Lexikon
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BELARUS-LEXIKON:
BRISANTE AKTEURE DES VOLKSAUFSTANDS GEGEN STAATSSCHEF
ALEKSANDR LUKASHENKO IN BELARUS 2020
Persönlichkeiten der belarussischen Opposition, VertreterInnen der belarussischen Intelligenz und UnterstützerInnen des Lukashenko-Regimes (auch vor 2020)

Die Präsentation in diesem Namenslexikon konzentriert sich auf die Akteure des
Sommers/Herbsts 2020 in Belarus. Es werden aber auch einige relevante Vertreter der
Opposition und des Regimes früherer Jahre berücksichtigt. (Reihenfolge der Name gemäss.
russ./ wruss. Alphabet.

 

 

ABLAMEJKO, Sergej Vladimirovich II III IV V VI (wruss. ABLAMEJKA, Sjarhej Uladzimiravich, belaruss. Mathematiker, prominenter Spezialist auf den Gebieten der Informatik u. Informationstechnologie, Bildverarbeitung u. Mustererkennung. Professor, Korrespondierendes Mitglied u. seit 2009 Mitglied der Akademie der Wissenschaften von Belarus. Preisträger des Staatspreises der Republik Belarus, Verdienter Wissenschaftler der Republik Belarus; 2008-17 Rektor der Belaruss. Staatlichen Universität. Veröffentlichung von 26 Büchern, über 650 wissenschaftl. Artikeln, davon mehr als 300 in engl. Sprache in führenden internationalen Zeitschriften u. Tagungsbänden internationaler Konferenzen im Ausland sowie Hrsg. von 34 Werksammlungen. Er war Vorsitzender u. Co-Vorsitzender von mehr als 50 internationalen Konferenzen u. Mitglied der Programmkomitees von mehr als 150 internationalen Konferenzen zu Mustererkennung u. Bildverarbeitung sowie Mitglied der Hrsg. diverser internationaler u. belaruss. Zeitschriften, Chefredaktor der Zeitschrift Vesci NAN Belarusi, stv. Chefredaktor der Zeitschrift Vуshejshaja shkola. Im Feb. 2011 wurde Ablamejko, der damalige Rektor der BSU, auf die "Schwarze Liste der EU" von Weissrussen u. Russen gesetzt, weil er für den Ausschluss von Studenten der Universität verantwortlich zeichnete, die an den Demonstrationen am Wahlabend der Präsidentschaftswahl in Belarus 2010 im Dez. 2010 u.a. friedlichen Protesten im 2011 teilgenommen hatten. 2015 wurde das Besuchsverbot für EU-Staaten aufgehoben.)

ABLAMEJKO, Sergej Pavlovich II III IV (wruss. ABLAMEJKA, Sjarhej Paŭlavich, belaruss. Historiker aus Minsk. Absolvent der Fakultät für Geschichte der Belaruss. Staatl. Universität,  Promotion an der Kath. Universität Lublin. Ehem. Leiter der griech.-kath. Pfarrgemeinde in Minsk. Er arbeitete in der Minsker Autofabrik MAZ, im Belaruss- Staatl. Museum für Volksarchitektur u. -leben, im Nationalen Forschungszentrum "Francysk Skaryna" u. unterrichtete Geschichte in der Schule. Er war Aktivist von "Talaki" u.a. informellen Jugendorganisationen. Seit 1990 ist er Korrespondent von "Radio Svaboda" in Minsk, lebt seit 1995 in Prag u. arbeitet für "Radio Svaboda". Autor von histor. u. kulturellen Sendungen wie "Terra Incognita",  "Belaruss. Kreuzwege", langjähriger Autor des Programms "Symbol des Glaubens". Autor von Büchern wie "EGOismen", "Nostalgie", "Mein Karthago", "Haus des Schriftstellers", "Unerwartete Skaryna", "Kalinoŭski u. die polit. Geburt von Belarus", "Unbekanntes Minsk. Die Geschichte vom Verschwinden. Das erste Buch". Gewinner des Franziskus-Bogushevich-Literaturpreises. Autor des Artikels "Der Grosse Belaruss. Nationalaufstand", als den er die revolutionären Prozesse in Belarus u. das "verspätete Erwachen u. Aufbegehren der letzten Nation in Ost- u. Mitteleuropa" bezeichnete. S. auch Buch von O. Shparaga, S. 205f.)

AGURBASH, Anzhelika Anatolevna II III IV V VI (belaruss. Popsängerin, die in Belarus, Russland u. in der Ukraine sehr bekannt ist u. bis 2001 als Lika Jalinskaja auftrat. 2002 heiratete sie den Unternehmer s. Nikolaj Agurbash, der für sie produzierte. 2005 trat sie beim Eurovision Song Contest in Kiev, Ukraine, für Belarus mit ihrem Beitrag "Love Me Tonight" an u. erreichte im Halbfinale mit insgesamt 67 Punkten lediglich den 13. Platz u. konnte sich somit nicht für das Finale qualifizieren. Agurbasch unterstützte die Opposition gegen das polit. Regime in Belarusdie u. die Proteste gegen den belaruss. Machthaber s. Aleksandr Lukashenko u. wurde am 20. Sept. 2020 bei einer Demonstration vor der belaruss. Botschaft in Moskau kurzzeitig festgenommen. Im Juni 2021 eröffneten die Behörden der Republik Belarus ein Strafverfahren gegen sie nach Art. 130 Teil 3 StGB BY wegen Anstiftung zu Hass bzw. Zwietracht u. Art. 368 Teil 2 StGB BY wegen Beleidigung des Präsidenten Lukashenko. Die belaruss. Behörden riefen die Generalstaatsanwaltschaft RF, Agurbash an Belarus auszuliefern.)

AKUDOVICH, Valentin Vasilevich II III IV (wruss. AKUDOVICH, Valjancin Vasilevich, belaruss. Philosoph u. Schriftsteller. In den 1990ern arbeitete er bei der Minsker Wochenzeitung Kultura als Ressortredakteur u. 1. stv. Chefredaktor u. war einige Zeit Redaktor der Wochenzeitung Literature i mastactva. Neben seiner Tätigkeit in Regierungsbehörden war er stv. Chefredaktor der philosoph. Zeitschrift Fragmentу, lehrte am Belarussischen Kollegium, wo er seit 2001 Kurator der Abteilung für Philosophie u. Literatur war. 2004-7 Herausgeber der philosoph. Zeitschrift Perekrjostki u. Kurator der literar. u. philosoph. Zeitschrift Mezhdu / "Zwischen". Spezalist für das Thema "Metaphysik der Abwesenheit". Im dt. Sprachraim bekannt geworden ist Akudovich durch das Suhrkamp-Bändchen Der Abwesenheitscode. Versuch, Weissrussland zu verstehen, Berlin 2013, dessen Text zuerst in Minsk 2007 unter dem Titel "Kod adsutnasci" erschien. Der Text basiert auf einer Reihe von Vorträgen über die belaruss. Mentalität, die der Autor im Belaruss. Kollegium in Minsk hielt. Das Hauptthema der Monographie ist die Frage der belaruss. Identität in histor. Perspektive. Der Autor betrachtet die Probleme der Funktionsfähigkeit des belaruss. Ethnonationalismus, dessen Besonderheit die Schichtung in mehrere kulturelle Nischen u. das Fehlen eines Faktors der Konsolidierung der Gesellschaft ist. Die Gründe für dieses Phänomen sieht der Philosoph nicht nur in den ständig ungünstigen geopolit. Bedingungen in der Region, die die Entstehung u. Verbreitung des belaruss. Nationalgedankens begleiten, sondern auch in dem gegenwärtigen Defizit an grundlegender u. universeller Übereinstimmung über das Wesen der belaruss. Identität u. im Kanon der nationalhistor. Mythen. Als Hauptfaktor, der dieses Defizit beeinflusst, sieht der Autor die dominierende Rolle Russlands bei der Gestaltung der sozialen u. kulturellen Realitäten in Weissrussland. Akudovich distanziert sich jedoch von einer einseitigen Einschätzung der Rolle Russlands in der Geschichte der Kristallisation der Idee Weissrusslands, die bei Gegnern der Russifizierung beliebt ist. S. auch Buch von O. Shparaga., S. 202f.)

ALEKSIEVICH, Svetlana Aleksandrovna II III IV IV V VI VII VIII IX X (wruss. ALEKSIEVICH, Svjatlana Aljaksandraŭna, belaruss. Schriftstellerin, die in russ. Sprache schreibt. Nach eigener Aussage reichen ihre Kenntnisse der weissruss. Sprache nicht aus, um in ihr zu schreiben. 1997 erschien ihr berühmtes "Tschernobyl-Gebet“, das auch ins Deutsche übersetzt u. 2015 verfilmt wurde. 2015 wurde ihr „für ihr vielstimmiges Werk, das dem Leiden und Mut in unserer Zeit ein Denkmal setzt“, der Nobelpreis für Literatur zugesprochen. Mehrere Bücher Aleksievichs wurden ins Deutsche übersetzt. Ihre polit. Ansichten nach steht Aleksievich nach eigener Aussage der Sozialdemokratie nahe. Wiederholt hat Aleksievich sich in aktuelle polit. Debatten eingemischt. Sie kritisierte die innenpolit. Repression in Belarus unter Präsident s. Aleksandr Lukashenko, die Resowjetisierung uRemilitarisierung der russ. Gesellschaft unter Vladimir Putin, aber auch die belaruss. Opposition dafür, dass darin „keine Politiker“, sondern v.a. „Kulturwissenschaftler, Träumer u. Romantiker“ vertreten seien. Die staatl. Verlage von Belarus haben die Veröffentlichung von Büchern Aleksievichs nach der Machtübernahme durch Lukashenko eingestellt. 2014 leitete die Staatsanwaltschaft von Belarus polit. motivierte Ermittlungen gegen ihren Verleger Ihar Lohvinaŭ ein. 2019 veröffentlichte der Verlag "Mastackaja Literatura“ das Buch "Der Krieg hat kein Frauengesicht“. Nach der Annexion der Krym 2014 durch Russland verurteilte Aleksievich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die russ. Politik gegenüber der Ukraine. Bei den Präsidentschaftswahlen 2015 in Belarus unterstützte sie die Oppositionskandidatin Tatjana Korotkevich, nahm aber nicht direkt an den Wahlen teil. Gemäss ihrer im Feb. 2020 veröffentlichten Meinung ist die belaruss. Gesellschaft „eingefroren“, während „die Ukraine sich erhebt u. sich in Richtung Befreiung bewegt". Nach der Präsidentschaftswahl in Belarus 2020 rief Aleksievich Lukashenko dazu auf, zurückzutreten u. das Land zu verlassen. Während der Proteste in Belarus ab Aug. 2020 wurde sie Mitglied im "Koordinierungsrats zur Organisation des Prozesses zur Überwindung der polit. Krise der einstigen Präsidentschaftskandidatin s. Svetlana Tikhanovskaja. Weil auch sie bedroht wurde, reiste Aleksievich Ende Sept. 2020 nach Deutschland aus. Laut widersprüchlichen Angaben ihrer Mitarbeiter sei ihre Ausreise nicht polit. motiviert u. nicht dauerhaft. Im Dez. 2023 gab Aleksievich der ZEIT ein längeres Interview u. sprach über die Möglichkeit, dass ihre Minsker Wohnung von den Behörden konfisziert werden könnte.) 12.23

BABARIKO, Viktor Dmitrievich II III IV V VI VII VIII IX X XI (wruss. BABARYKA, Viktar Dzmitrievich, belaruss. Bankmanager u. Politiker, Kandidat bei der Präsidentschaftswahl in Belarus im Aug. 2020, der am 12. Mai 2020 seine Kandidatur bekannt gab. Babarikos Kandidatur wurde öffentlich von bekannten belaruss. Kulturschaffenden wie Nobelpreisträgerin s. Svetlana Aleksievich, Regisseur Andrej Kurejchik u. Philosoph Vladimir Mackevich. Babariko wurde somit de facto zum Führer der belaruss. Opposition erklärt. Auch zwei ehem. Präsidentschaftskandidaten bei den Wahlen 2010 drückten ihre Unterstützung für Babariko aus,so s. Vladimir Nekljaev u. s. Andrej Sannikov. Ende Mai belegten Internetumfragen Viktor Babariko mit mehr als 50% der Stimmen den 1. Platz. Am 31. Mai präsentierte Babariko die "Erklärung zu fairen Wahlen". Um einen Kandidaten nach belaruss. Recht zu registrieren, müssen 100 Tsd. Unterschriften zu seiner Unterstützung geleistet werden – die entsprechende Initiativgruppe brachte sie bis zum 6. Juni zusammen. Am 9. Juni brach Babariko den Rekord s. Zenon Poznjaks u. sammelte mehr als 230 Unterschriften für seine Nominierung. Bis zum 19. Juni berichtete das Hauptquartier des Kandidaten über gesammelte 425 Tsd. Unterschriften. Am 17. Juni wurde das Konto des Wahlfonds von Viktor Babariko bei der "Belarusbank" gesperrt. Nach Angaben der Zentrale wurden dort mehr als 100 Tsd. belaruss- Rubel - entspricht etwa 42 Tsd. USD - gesperrt. Am 20. Juni übermittelte die Zentrale von Babariko der Zentralen Wahlkommission ZWK von Belarus das gesamte Paket von Dokumenten für die Registrierung eines Kandidaten, einschliessl. der erforderlichen Anzahl von Unterschriften. Am 14. Juli 2020 verweigerte die ZWK die Registrierung Babarikos als Kandidat mit der Begründung, dass „die Erklärung keine materiellen Vermögenswerte u. Immobilien in seinem tatsächlichen Besitz u. seiner tatsächlichen Nutzung sowie Einkünfte aus der Tätigkeit einer Reihe von  ihm kontrollierten belaruss. Handelsstrukturen angab.“ Am 18. Juni 2020 wurde Viktor Babariko zusammen mit seinem Sohn Eduard festgenommen u. ins Untersuchungsgefängnis des KGB der Republik Belarus gebracht. Ab 19. Juni wurde der Fall vom diesem KGB untersucht. Am 20. Juni wurde gegen Viktor Babariko u. am folgenden Tag auch gegen sein Sohn Eduard Anklage erhoben. Den Angeklagten wurde vorgeworfen, "die nationalen Sicherheitsinteressen gefährdet“ zu häben. Anfang Juli 2020 wurde berichtet, dass Viktor Babariko wegen Steuerhinterziehung u. Zollbetrugs in grossem Umfang, wegen Geldwäscherei in grossem Umfang u. wegen wiederkehrender Bestechung bzw. Bestechung in grossem Umfang beschuldigt wird. Der Anklage zufolge hatte seine "Belgazprombank", eine Tochter der russ. "Gazprombank", über ein paar Jahre hinweg mehr als 430 Mln. USD von ihren Konti nach Lettland überwiesen. Im Nov. 2020 lehnte das Gericht Babarikos Antrag auf Beendigung seiner bis zum 18. Dez. verlängerten Untersuchungshaft ab. Amnesty International stuft die beiden als gewaltlose polit. Gefangene ein. Das Strafverfahren gegen Viktor Babariko begann am 17. Feb. 2021 am Moskauer Bezirksgericht in Minsk. Die Öffentlichkeit war nicht zugelassen u. die einzigen im Gerichtssaal erlaubten Medien waren staatlich verbundene Medien. Am 6. Juli 2021 wurde Babariko vom Obersten Gerichtshof in Minsk wegen des Vorwurfs der Geldwäscherei, Bestechung u. Steuerhinterziehung zu 14 Jahren Haft verurteilt. Sein Prozess steht international in der Kritik als polit. Inszenierung des Lukashenko-Regimes, um ihn aus dem Verkehr zu ziehen.
Viktor Babariko hatte die "Belgazprombank" nach 20 Jahren Führungstätigkeit verlassen, um sich der Präsidentschaftswahl von 2020 widmen zu können. Aufgrund des Strafprozesses wurde Babariko von der Zentralen Wahlkommission aber nicht zur Wahl zugelassen. An seiner Stelle stieg s. Marija Kolesnikova in den Wahlkampf ein u. engagierte sich in einem Trio von Frauen um s. Svetlana Tikhanovskaja. Als Bankchef betätigte sich Babariko als Kunstmäzen u. unterstützte die unabhängige Kunstszene wie das internationale Theaterfestival "TeART" u. den Kulturraum "OK16". Aus diesem Umfeld stammte auch Maryja Kolesnikova. 2008 gründete er das internationale Kinderhilfswerk "Schans" / Chance. 2017 kaufte die Bank auf Babarikos Initiative ein Original einer 1522 von Francysk Skaryna in Litauen gedruckten Textsammlung, die nach Belarus gebracht wurde. Die Bank kaufte auch eine "Pariser" Kunstsammlung von Werken jüdischer Maler aus Belarus, die auch Werke von Marc Chagall u. Chaim Soutines umfasste u. erstmals 2012/13 im Belaruss. Nationalmuseum ausgestellt wurde. Seit 2017 war sie in der Galerie "Art-Belarus" zu sehen. Im Juni 2020 wurde die Kunstsammlung von den Behörden beschlagnahmt, nachdem ein Strafverfahren gegen einige Mitarbeiter der "Belgazprombank" mit der Erklärung eingeleitet wurde, den angeblich bevorstehenden Verkauf der Sammlung ins Ausland zu verhindern. 2018 finanzierte die Bank eine 5-bändige Ausgabe der Werke von s. Svetlana Aleksievich in weissruss. Übersetzung, die kostenlos an die Bibliotheken des Landes verteilt wurden. S. auch Buch von O. Shparaga, S. 23ff.)


BOLKUNEC, Dmitrij
II III IV (regimekrit. belaruss. Politologe. Der in Belarus wegen Beleidigung von s. Präsident Aleksandr Lukashenko angeklagte Politologe sah sich nach mehreren anonymen Drohungen gezwungen, im April 2021 Russland aus Sicherheitsgründen zu verlassen.)

BJALJACKI, Ales Viktorovich II III IV V VI VII VIII IX X XI XII XIII (wruss. Menschenrechtsaktivist, Vorsitzender des belaruss. Menschenrechtszentrums "Vjasna“, das er 1996 gründete u. deren Vorsitzender er bis heute ist. Ehem. Leiter der Arbeitsgruppe der Versammlung der demokrat. NGOs von Belarus, ehem. stv. Vorsitzender des öffentl. Vereins  "Adradzhenne", ehem. Vizepräsident der Internationalen Föderation für Menschenrechte, Mitglied der Union der belaruss. Schriftsteller u. des belaruss. PEN-Zentrums. Für seine aktiven öffentl. u. Menschenrechtsaktivitäten wurde er in Belarus über 20 Mal vor Gericht gestellt, sein Haus u. das Büro des Menschenrechtszentrums "Vjasna“ wurden im Auftrag der Steuerfahndung durchsucht. Im Nov. 2011 wurde Bjaljacki wegen angebl. Steuerhinterziehung, ein gerne angewandtes Druckmittel des Lukashenko-Regimes, zu 4,5 Jahren Straflager verurteilt. Im Juni 2014 wurde er vorzeitig aus der Haft entlassen. Während der Proteste in Belarus nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl in Belarus im Aug. 2020 wurde er Mitglied des "Koordinierungsrats zur Organisation des Prozesses zur Überwindung der polit. Krise“, des polit. Organs der Opposition gegen den autoritären Staatschef s. Aleksandr Lukashenko. Am 14. Juli 2021 wurde Bjaljacki festgenommen u. mit einem Strafverfahren konfrontiert. In einer gemeinsamen Erklärung von 9 Organisationen, darunterdes Menschenrechtszentrums "Vjasna", des belaruss. Journalistenverbands, des belaruss. Helsinki-Komitees u. des belaruss. PEN-Zentrums wurde Bjaljacki zum polit. "Gewissensgefangenen“ erklärt. Der Beitrag von Ales Bjaljacki zur Stärkung des Friedens wurde auch von der UNO anerkannt. 2020 erhielt Bjaljacki zusammen mit Nasrin Sotudeh, Bryan Stevenson u. Lottie Cunningham Wren den "Right Livelihood Award", der weithin als "alternativer Nobelpreis" bekannt ist. Im Okt. 2022 wurde Bjaljacki u. 2 anderen Menschenrechtsakteuren aus Russland u. der Ukraine der Friedensnobelpreis zugesprochen. Der Preis wurde von seiner Ehefrau Natallia Pinchuk entgegengenommen. Nachdem er von der belaruss. Staatsanwaltschaft im Nov. 2022 wegen Devisenschmuggels angeklagt wurde, drohten ihm bis zu 12 Jahre Gefängnis. Im Jan. 2023 begann sein Prozess in Minsk. Anfang März wurde Bjaljacki in Belarus zu 10-jähriger Haft verurteilt.)

BONDAR, Jurij Pavlovich II (wruss. BONDAR, Juryj Paŭlavich, belaruss. Politikwissenschaftler u. Staatspoltiker. Ehem. Kulturminister der Republik Belarus /2017-20/. 2006-7 Dissertation als Kandidat für Politikwissenschaft zum Thema "Polit. Theorie, Geschichte u. Methodik der Politikwissenschaft" u. Studienabschluss am Institut für öffentl. Dienst der Akademie für Management beim Präsidenten der Republik Belarus. Seit 2008 1. Vizerektor der Belaruss. Staatsuniversität für Kultur u. Künste BSUKM. 2009 ausserordentl. Professor für "Politikwissenschaft“, 2013 Rektor der BSUKM, 2014 Wahl zum stv. Vorsitzenden des Rats der städtischen Abgeordneten von Minsk. Im Sept. 2017 wurde er vom belaruss. Präsidenten s. Aleksandr Lukashenko zum Kulturminister der Republik Belarus ernannt, im Nov. 2020 dieses Amtes enthoben. Im Aug. 2020 wurde auf seine Anordnung hin s. Pavel Latushko aus dem Amt des Generaldirektors des "Janka-Kupala-Nationaltheaters" entlassen. Autor zahlreicher Artikel, Berichte, wissenschaftl. Publikationen, von Bildungs- u. Methodenkomplexen. 2019 äusserte er sich in einem Interview in einer Sendung des belaruss. TV-Kanals ONT negativ über die Verbreitung der belaruss. Sprache in der Öffentlichkeit u. erklärte, dass er kategorisch gegen administrative Massnahmen zur Einführung der belaruss. Sprache sei. Im März 2021 wurde er zum Rektor des "Nationalen Instituts für Höhere Bildung" der Belaruss. Staatsuniversität berufen.)

BONDARENKO, Roman Igorevich II III IV V VI VII VIII IX X XI (wruss. BANDARENKA, Raman Iharavich, war ein belaruss. Manager u. oppositioneller Aktivist, der nach brutalen Schlägen von Seiten von Polizeischergen des Lukashenko-Regimes während der Proteste vom Nov. 2020 in Minsk ums Leben kam. Im Hof seines Wohnblocks, der während der weissruss. Proteste 2020 als ​​"Piatz der Veränderungen" bekannt wurde, wurde Bondarenko am 12. Nov. von einer Gruppe unbekannter Männer in Zivil u. Masken ergriffen u. zusammengeschlagen. Das Opfer schlug mit dem Kopf an der Kinderrutsche auf u. stürzte, wobei die Schläge von zwei weiteren Männern fortgesetzt wurden. Anschliessend wurde er in einen Kleinbus gestossen u. abgeführt. Das Geschehen im Hof ​​wurde von Augenzeugen aus verschiedenen Blickwinkeln gefilmt u. anschliessend ins Internet gestellt. Nach einiger Zeit wurde ein Krankenwagen in die Zentrale Bezirksabteilung für Innere Angelegenheiten gerufen. Bondarenko hatte das Bewusstsein verloren u. wurde in die Intensivstation des Minsker Notfallkrankenhauses eingeliefert, wo bei ihm ein schweres Schädel-Hirn-Trauma, eine Hirnblutung u. Weichteilverletzungen diagnostiziert wurden. Er lag im Koma, u.  trotz einer Notoperation konnte der 31-Jährige aufgrund seiner gravierenden Verletzungen nicht gerettet werden u. verstarb noch am Abend desselben Tages. Der Telegram-Kanal NEXTA berichtete, dass er Informationen darüber habe, dass Bondarenko der Autor des berühmten Wandgemäldes war, das im Hof am "Platz der Veränderungen" angebracht wurde. Obwohl dieses Wandbild auf unterschiedliche Weise zerstört wurde, wurde es von den Bewohnern jedes Mal restauriert. In der Nacht von Bondarenkos Verschleppung wurde das Wandbild im Hof erneut geschändet, die Figuren wurden mit grüner Farbe durch Bilder von roten Sternen übermalt. Nach Angaben von Verwandten ging Bondarenko weder zu Protesten oder Märschen, unterstützte jedoch die Opposition. Nach dem Vorfall begaben sich zahlreiche Personen zum "Platz der Veränderungen" u. legten dort Blumen nieder. Am 13. Nov. sprach s. Aleksandr Lukashenko bei einem Treffen mit belaruss. u. ausländ. Journalisten den Eltern von Roman Bondarenko sein Beileid aus u. sagte, er habe den Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses beauftragt, den Vorfall zu untersuchen, u. dem Generalstaatsanwalt gesagt, die Sache unter seine Kontrolle zu bringen. Bondarenko unterstellte er, er sei an besagtem Abend betrunken gewesen. Der Vorsitzende des Menschenrechtszentrums "Vjasna“, s. Ales Beljackij, machte das belaruss. Innenministerium für den Tod Bondarenkos verantwortlich. „Ein weiteres Opfer des Terrors, ein weiteres Opfer der Gewalt“, beschrieb Bischof Jurij Kosobuckij den Tod Bondarenkos. Am 13. Nov. fanden Gedenkanlässe für den Toten in der Kathedrale des Hlg. Schutzes in Grodno, der Kirche der Unbefleckten Empfängnis der Jungfrau Maria in Bobrujsk u. der Kathedrale der Drei Heiligen in Mogiljov statt. Der Tod Bondarenkos löste Massenunruhen in ganz Belarus aus. In Minsk u. anderen Städten des Landes begannen Märsche u. fanden Gedenken an Roman Bondarenko u. alle Opfer seit Beginn der Proteste statt. In Minsk wurde die Bildung einer grossen Demonstrantenkolonne von Sicherheitskräften zunächst verhindert; die Menschen zerstreuten sich, kehrten aber hartnäckig zum "Platz der Veränderungen" zurück. Gegen die Demonstranten wurden Blendgranaten u. Tränengas eingesetzt. Einige eingefangene Demonstranten wurden mit Schlagstöcken schwer traktiert. Die Märsche endeten mit Massenverhaftungen u. der Zerstörung des Bondarenko-Denkmals. BelSat übertrug die Ereignisse vom "Platz der Veränderungen". Die Journalisten des Fernsehsenders Katarina Andreeva u. Darja Khulcova wurden danach festgenommen u. im Feb. 2021 zu 2 Jahren Gefängnis verurteilt. Proteste zum Gedenken an Roman Bondarenko fanden auch in Gomel, Vitebsk, Grodno, Baranovichi, Lida, Soligorsk, Molodechno, Zhodino, Brest, Novogrudok u.a.  Städten Weissrusslands statt. Roman Bondarenko wurde in Belarus als eine Art „heiliges Opfer“ im Sinne des Märtyrertums hochstilisiert. In einer Erklärung vom 13. Nov. 2020 verurteilte die EU das brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte von Belarus. Die diplomat. Vertretungen Grossbritanniens, Deutschlands u. der EU in Minsk ehrten das Opfer mit einer Schweigeminute. Viele ausländ. Medien, auch russische, berichteten über die Ereignisse. Am 19. Nov. gab der US-Botschafter bei der OSZE, Jim Gilmour, eine Erklärung bezüglich des ermordeten Roman Bondarenko ab. Am 26. Nov. erörterte das Europäische Parlament in einer Reihe von Berichten die Lage in Belarus, einschliess. der Menschenrechtsverletzungen durch die belaruss. Behörden am Beispiel der Ermordung Roman Bondarenkos. Die Diskussion führte zur Verabschiedung einer Resolution „zu den anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in Belarus", insbesondere wurde „die Ermordung Roman Bondarenkos" erwähnt“. Im Aug. 2021 wurde ein gewisser Dmitrij Shakuta auf die Liste der "Specially Designated Nationals and Blocked Persons" SDN des US-Finanzministeriums gesetzt. Laut BYPOL konnte der belaruss. Sportler u. Kickboxer anhand erhaltener Tonaufzeichnungen u. Abrechnungen von Handynummern seines Personenkreis ermittelt u. identifiziert werden, an der Ermordung Roman Bondarenkos teilgenommen zu haben. Laut BYPOL konnte in gleicher Weise auch die Präsidentensprecherin s. Natalja Ejsmont den Kreisen zugerechnet werden, die in die Ermordung Bondarenkos involviert gewesen sein sollen.)

BOTA, Alice II III IV (dtJournalistin u. Autorin polnischer Herkunt. Verfasserin des Buchs "Frauen von Belarus" /II/.)

BRATOTCHKIN, Aleksej II III IV (belaruss.
Historiker, Leiter des Programms "Public History" am "European College of Liberal Arts in Belarus" ECLAB. Herausgeber u. Autor des Online-Magazins Novaja Eŭropa, Mitarbeiter des "Zentrums für Europäische Studien" in Minsk, CASE-Stipendiat in Litauen, Doktorand. Co-Autor der Sammelmonographien "Nach dem sowjet. Marxismus: Geschichte, Philosophie, Soziologie u. Psychoanalyse in Nationalen Kontexten - Belarus, Ukraine", Vilnius, 2013, u. "Wege der Europäisierung von Belarus: Zwischen Politik u. der Konstruierung der Idenität", 1991, 2011. S. auch Buch von O. Shparaga, S. 207.)

VECHJORKO, Valentin "Vincuk" Grigorevich II (wruss.  VJACHORKA, Valjancin "Vincuk" Rihoravich, belaruss. oppositioneller Politiker, Bis 2007 Vorsitzender der Partei BNF. Gründer u. ehem. Leiter der nichtstaatl. Bildungsorganisation "Centar Supolnas" u: ehem. Leiter der Arbeitsgruppe der Versammlung der NGOs von Belarus. Vater von s.VECHJORKO, Frantishek Valentinovich .)

VECHJORKO, Frantishek "Franak" Valentinovich II III  IV V VI (wruss. VJACHORKA, Franzishak "Franak" Valjancinavich, belaruss. oppositioneller Journalist u. Politiker. Einer der Leiter der Kulturorganisation "Art Sjadziba". Leiter der Kreativinitiative "Belaruski Galfstrym“. Mitarbeiter von Belsat TV, Creative Director beim belaruss. Dienst von RFE/RL. Teilnehmer u. Organisator vieler Aktionen der Oppositionskräfte in Belarus. Er wurde wiederholt festgenommen u. von Polizeibeamten geschlagen u. verbüsste Haftstrafen. 2001-3 war er Mitglied der "Jungen Front", seit 2005 einer der Gründer u. Mitglieder der Jugend der "Partyja BNF - Belaruss. Volksfront" BNF. 2006 war er eine der Schlüsselfiguren im Hauptquartier des oppositionellen Präsidentschaftskandidaten s. Aljaksandr Milinkevich. Im Okt. 2008 wurde er zum Vorsitzenden der "Jugend der Belaruss. Volksfront“, der Jugendfraktion der "Belaruss. Volksfront" gewählt, nachdem er in die Reihen der Streitkräfte eingezogen wurde. Berater versch. Organisationen u. von s. Svetlana Tikhanovskaja. Sohn von s. Valentin "Vincuk" Vechjorka, ehem. Vorsitzender der Partei BNF. Seit Okt. 2020  Berater für internationale Beziehungen der Führerin der belaruss. Opposition im litauischen Exil u.ehem. Kandidatin der Präsidentschaftswahl in Belarus vom Aug. 2020, s. Svetlana Tikhanovskaja.)

VLASOVA, Lilija Vladimirovna II III (wruss. ULASAVA, Lilija Uladzimiraŭna, belaruss. Juristin u. Politikerin, gehörte der Demokratiebewegung des Landes von 2020 an, war ein Mitglied des "Koordinierungsrats zur Organisation des Prozesses zur Überwindung der polit. Krise nach der gefälschten Präsidentschaftswahl in Belarus vom Aug. 2020. Ende Aug. 2020 wurde sie von Beamten der Finanzermittlungsabteilung des staatl. Kontrollausschusses festgenommen. Gegen sie wurde ein Strafverfahren nach Art. 243 Teil 2 StGB der Republik Belarus wegen "Steuerhinterziehung" eingeleitet. Sie wurde in der Untersuchungshaftanstalt №1 in Minsk inhaftiert u. galt als polit. Gefangene. Im Okt. wurde sie in Hausarrest überführt, bis er aufgehoben wurde.)

GAJDUKEVICH, Sergej Vasilevich II III IV V VI (wruss. HAJDUKEVICH, Sjarhej Vasilevich, belaruss. Politiker, 1995-2019 Führer der "Liberaldemokrat. Partei Weissrusslands". Ehem. Mitglied des Repräsentantenhauses der Nationalversammlung der Republik Belarus, ehem. Mitglied des Republikrats der Nationalversammlung der 6. Einberufung aus dem Gebiet Minsk, ehem. Sonderbeauftragter des Aussenministers von Belarus für die Zusammenarbeit mit den europäischen parlamentar. Strukturen. Stv. Vorsitzender des Ständigen Ausschusses des Republikats der Nationalversammlung der Republik Belarus für internationale Angelegenheiten u. nationale Sicherheit. Teilnehmer als Kandidat an den Präsidentschaftswahlen 2001, 2006 u. 2015, wurde aber nicht gewählt. Bei den Wahlen 2006 positionierte er sich als Unterstützer des amtierenden Staatschefs s. Aleksandr Lukashenko u. kritisierte die Oppositionskandidaten. Bei den Wahlen 2010 zog er seine Kandidatur zurück. Im März 2010 kündigte er die Bildung des Vorwahlblocks "Neues Belarus – Einheit“ an, dessen konstituierender Kongress im Spätfrühling / Frühsommer 2010 stattfinden sollte. Bei der Präsidentschaftswahl 2015 versprach Gajdukevich, „aus Beamten Politiker“ zu machen u. Reformen in der Wahlgesetzgebung durchzuführen. Belarus sollte eine Art ostslavische Schweiz“ werden. Laut dem Abstimmungsergebnis erhielt Gajdukevich die Unterstützung von nur 3,3% der Stimmen, wobei er die meisten Stimmen im Gebiet Vitebsk erhielt, die wenigsten im Gebiet Grodno. Gajdukevich ist ein Befürworter des Übergangs Weissrusslands zum russ. Rubel u. glaubt dabei, dass diese Massnahme die Souveränität des Landes sogar stärken würde. 2011 veröffentlichte die WikiLeaks-Website Informationen von US-Diplomaten, denen zufolge Gajdukevich mit Hilfe seiner in Österreich lebenden Tochter Geld aus dem Waffenhandel waschen könnte, wie es in einem der geheimen Telegramme hiess. Aus der Veröffentlichung ging auch hervor, dass Anna Gajdukevich die Geldkonten ihres Vaters in Österreich verwalten kann. Ausser Gajdukevich selbst wurden die belaruss. Behörden in dieser Angelegenheit von der "Infobank" unterstützt, bei der auch Gajdukevichs Frau u. die Frau seines Sohnes Oleg, Leiter der Minsker Frunze-Bezirkspolizeibehörde, tätig waren. Darüber hinaus nutzte Gajdukevich beim Weiterverkauf von irakischem Öl Grauzonen, um die UN-Resolution zu umgehen. Gajdukevich selbst besuchte wiederholt den Irak u. arbeitete mit der Lukashenko-Regierung beim Gewinn aus Ölgeschäften mit dem Regime von Saddam Hussein zusammen.)

GONCHAR, Viktor Iosifovich II III IV V VI VII (wruss. HANCHAR, Viktar Iosifavich, war ein belaruss. Politiker. 1996 wurde er zum Vorsitzenden der Zentralen Wahlkommission ZWK der Republik Belarus ernannt u. war Vizepräsident des 1996 von Staatspräsident s. Aleksandr Lukashenko aufgelösten Parlaments. Gonchar weigerte sich, das Ergebnis des umstrittenenen, von Lukashenko initiierten Verfassungsreferendums von 1996 anzuerkennen. Im Sept. 1999 wurde Gonchar zusammen mit seinem Freund Anatol Krassoŭski, der die Opposition finanzierte, in Minsk entführt u. ermordet. Die Täter konnten nicht ermittelt werden. 2004 kam ein Sonderermittler des Europarats zum Ergebnis, dass eine Spezialeinheit des belaruss. Innenministeriums hinter der Entführung u. Ermordung von Juryj Sakharanka, Gonchar u. Krassoŭski steckte. Im Dez. 2019 veröffentlichte die "Deutsche Welleeinen Dokumentationsfilm, in dem Juryj Haraŭski, ein ehem. Angehöriger der belaruss. Spezialeinheit, bestätigte, dass seine Einheit Hanchar u. Krassoŭski entführt u. ermordet habe. Gemäss des Berichts von Haraŭski wurden Krassoŭski u. Hanchar eine Stunde ausserhalb von Minsk gefahren, wo die beiden mit derselben Pistole erschossen worden sein sollen, die auch bei der Ermordung Sakharankas verwendet worden sein soll. Danach wurden die Leichen entkleidet u. in eine Grube geworfen, welche seine Komplizen zuvor dafür ausgehoben hatten. Hanchar wurde im Jahr 2000 posthum mit dem "Theodor-Haecker-Preis" geehrt. Seit mehreren Jahren organisiert die belaruss. Opposition regelmässig ein Gedenken an das Verschwinden von Hanchar, Krasoŭski, Zakharanka, Dzmitry Zavadski u. Hienadz Karpienka, der ebenfalls unter mysteriösen Umständen zu Tode kam.)

DZERMANT, Aleksej Valerevich II III IV V VI VII VIII IX X XI XII XIII XIV XV XVI XVII XVIII (weissruss. Philosoph, Publizist u. polit. Beobachter, der in nichtstaatl. Medien als regierungsnah eingestuft wird. Bis Anfang der 2010er Jahre war er Aktivist der /ultrarechten/ neo-heidnischen Bewegung, nun ist er ein Befürworter des Eurasismus. 2013 unterstützte er den Bau des belaruss. Kernkraftwerks. 2016 traf er sich in Minsk mit den Führern der neofaschist. Partei "Nuova Forza" Italiens u. der "British National Party" Roberto Fiore u. Nick Griffin. 2018 rief er dazu auf, die Akademie der Wissenschaften von Nationalisten zu säubern, die die Feier des 100. Jahrestags der Weissruss. Volksrepublik unterstützten. Er nahm zunächst eine kritische Position in Bezug auf die eurasische Wahl für Belarus ein, denn Belarus sei ein europäisches, kein eurasisches Land. Nachdem er seine Ansichten geändert hatte, sprach er sich wiederholt für die Integration von Belarus u. Russland aus, beschrieb sich als leidenschaftlichen Verteidiger der russ. Welt" u. als "pro-russ. Blogger". Im Sommer 2020 sagte er, dass eine Verschlechterung der Trinkwasserqualität in Minsk eine Sabotage sein könnte, u. erklärte die Notwendigkeit, den Ausnahmezustand zu verhängen, die Wahlen abzusagen u. eine umfangreiche Säuberung der ´fünften 5. Kolonne´ durchzuführen". Vor der Präsidentschaftswahl in Belarus vom Aug. 2020. nahm er auf dem Hintergrund der Verschärfung der belaruss.-russ. Beziehungen eine vorsichtige Position ein, schwenkte jedoch wenige Tage nach der - zu Gunsten Lukashenkos wohl gefälschten - Wahl - auf die Position einer vollständig neuen Ausrichtung auf Russland um. Im Feb. 2021 sprach er sich für ein Verbot der weiss-rot-weissen Flagge aus. In der Zwischenzeit hatte sich Dzermant wieder dem Eurasismus zugewandt. 2020 leitete er das "Zentrum für das Studium u. die Entwicklung der kontinentalen Integration" "Nördl. Eurasien" u. nahm mit s. Pjotr Petrovskij an einem von der Verwaltung des Präsidenten der RF finanzierten Projekt teil. Bogdan Bezpalko kritisierte, dass Dzermant  zwischen der Aneignung belaruss. u. russ. Haushaltsmittel" laviere u. beschuldigte ihn, den Separatismus in Russland populär zu machen. Mitglied des Wissenschafts- u. Expertenrats beim Vorstandsvorsitzenden der Euras. Wirtschaftskommission, Experte der dem Präsidenten von Belarus nahestehendenRepublikan. Vereinigungg "Belaja Rus", Mitglied des Rats für internationale Beziehungen beim Präsidenten der RF, Initiator der Gründung einer Gemeinschaft belaruss. u. russ. Journalisten „Freunde-Sjabry“, Mitglied des Freundeskreises der Russ. Gorchakov-Stiftung, Chefredaktor des Internetportals imhoclub.by. Autor des Buches "Belarus - Eurasien. Grenzgebiete Russlands u. Europas". Träger einer Ehrenurkunde des Informationsministeriums der Republik Belarus. Der Historiker Aleksej Bratochkin charakterisierte die theoretischen journalist. Artikel Dzermants u. seinem Mitarbeiter Aleksandr Shpakovskij als  eine höllische Mischung aus Metaphern, Ambitionen u. Losungen, die wenig mit der sozialen Realität zu tun haben".)

DRYNDOVA, Olga II (belaruss. Expertin für Internationale Beziehungen u. für Belarus, seit 2018 verantwortl. Redaktorin der Belarus-Analysen an der Forschungsstelle Osteuropa Bremen, freiberufliche Beraterin zu Belarus.)

DYLEVSKIJ, Sergej Anatolevich II III IV V VI VII (wruss. DYLEŬSKI, Sjarhej Anatolevich, belaruss. Arbeiter u. Aktivist während den Protesten des Sonners 2020 in Belarus, der international bekannt wurde, als er als Vorsitzender des Streikkomitees des Minsker Traktorenwerks MTZ in Erscheinung trat. Nach den Präsidentschaftswahlen 2020 in Belarus u. den anhaltenden Protesten im Aug. 2020 war Dylevskij empört über das brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte gegenüber den Protestierenden. Er brachte mehrere verletzte Demonstranten in Krankenhäuser u. schloss sich dem Streik im Minsker Traktorenwerk MTZ an. Dort wurden die Freilassung polit. Gefangener u. Neuwahlen gefordert, wobei Dylevskij u. mehrere andere Arbeiter an vorderster Front einer Gruppe von 1000 Arbeitern standen, die ins Zentrum von Minsk marschierten. Am 17. Aug. nahm Dylevskij am Marsch von 5000 streikenden Arbeitern des MTZ teil. Am 18. Aug. gab er bekannt, dass 50 Personen, die zu einer Kundgebung des MTZ zur Unterstützung der Arbeiter gekommen waren, kurzzeitig festgenommen wurden. Als Vertreter eines der grössten Arbeiterkollektive in Belarus wurde Dylevskij als Mitglied des Präsidiums des "Koordinierungsrats zur Organisation des Prozesses zur Überwindung der polit. Krise“ ausgewählt. Laut New York Times wurde Dylevskij wie ein  „polit. Star" gefeiert. In gewissem Sinne erinnerte Dylevskij an den damaligen polnischen Arbeiterführer Lech Wa³êsa der Schiffswerft in Danzig. Sein Engagement für die Proteste hatten empfindliche Folgen für den Arbeiterführer. Am 20. Aug. eröffnete der Generalstaatsanwalt der Republik Belarus, s. Aleksandr Konjuk, ein Strafverfahren gegen die Mitglieder des "Koordinierungsrats" gemäss Art. 361 StGB der Republik Belarus wegen "Versuchs der Ergreifung der Staatsmacht u. der Schädigung der nationalen Sicherheit". Am 21. Aug. wurde Dylevskij im Gebäude des Untersuchungsausschusses des KGB der Republik Belarus verhört. Am 24. Aug. wurde er zusammen mit s. Olga Kovalkova von den Sonderdiensten festgenommen, als er versuchte, die streikenden Arbeiter des Minsker Traktorenwerks zu unterstützen. Am nächsten Tag verurteilte ihn das Bezirksgericht Zavodskij in Minsk zu 10 Tagen Verwaltungshaft. Am 3. Sept., nach Haftende, verhängte der Richter des Bezirks Centralnyj in Minsk eine weitere 15-tägige Festnahme Dylevskijs nach Art. 23.34 Teil 1 wegen "Verstosses gegen das festgelegte Verfahren für die Abhaltung einer Kundgebung". Nach 25 Tagen Haft wurde er freigelassen. Im Okt. trat er mit der Formulierung aus freien Stücken" aus dem MTZ aus. Er sagte den Medien, dass er es wegen Erpressung durch die Werksleitung getan habe. Darufhin verliess er Belarus in Richtung Polen. Zu dieser Zeit blieb er das letzte Mitglied des Präsidiums des "Koordinierungsrats", das sich auf dem Gebiet der Republik aufhielt.)

ERMOSHINA, Lidija Mikhajlovna II III IV V VI VII VIII IX X XI XII XIII XIV (wruss. JARMOSHYNA, Lidzija Mikhajlaŭna, belaruss. Staatsbeamtin, seit 1996 Vorsitzende der Zentralen Wahlkommission ZWK der Republik Belarus. Stammt aus einer Militärfamilie, absolvierte zu Sowjetzeiten ein Studium an der Jurist. Fakultät der Staatl. Universität von Kaliningrad. Anschliessend arbeitete sie als Rechtsberaterin von Handels- u. Industrieunternehmen in Kaliningrad u. Belarus, war stv. Staatsanwältin des Kaliningrader Oktober-Bezirks, Vorsitzende des Rechtsdienstes des Exekutivkomitees der Stadt Bobrujsk. Seit 1992 war sie Mitglied der Zentralen Wahlkommission ZWK der Republik Belarus. Im Dez. 1996 wurde sie unter Verletzung der Verfassung der Republik Belarus, die nach Art. 84, Absatz 9, den Präsidenten verpflichtet, die Ernenung des/der Vorsitzenden der ZWK mit dem Rat der Republik der Nationalversammlung abzustimmen, von s. Aleksandr Lukashenko zur Vorsitzenden der ZWK ernannt anstelle des ehem. Chefs; s. Viktor Gonchar/Hanchar; der die Ergebnisse des Referendums vom 24. Nov. 1996 kritisierte u. im Sept. 1999 von einer Spezialenheit des belaruss. Innenministeriums entführt u. ermordet wurde. In der Folge wurde Errmoshina 3x auf dem Posten der Vorsitzenden der ZWK bestätigt jeweils im Dez. 2001, 2006, 2011 u. 2016. Im Dez. 2004, kurz nach der Parlamentswahl u. dem Referendum, wurde Ermoshina auf die "belaruss. u. russ." EU-Sanktionsliste gesetzt. Diese Sanktionen wurden im Okt. 2008 ausgesetzt. Im Juni 2006, wenige Monate nach der Präsidentschaftswahl in Belarus, wurde sie auch auf die Liste der "Specially Designated Nationals and Blocked Persons" SDN der USA gesetzt. Im Jan. 2011 wurde sie im Zusammenhang mit der manipulierten Präsidentschaftswahl vom 19. Dez. 2010 in Belarus u. der brutalen Unterdrückung der polit. Opposition, der Zivilgesellschaft u. von Vertretern unabhängiger Medien erneut auf die EU-Sanktionsliste gesetzt. Die europäischen Sanktionen wurden Ende Okt. 2015 ausgesetzt u. im Feb. 2016 aufgehoben. Ende Aug. 2020 wurde die ZWK-Vorsitzende unter den 30 höchsten Regierungsbeamten der Republik Belarus in den baltischen Staaten Estland für die Dauer von 5 Jahren, in Lettland u. Litauen für unbestimmte Zeit zur Persona non grata erklärt wegen des Vorwurfs, sich an der Fälschung der Präsidentschaftswahl vom 9. Aug. 2020 u. an der gewaltsamen Niederschlagung friedlicher Proteste beteiligt zu haben. Anfang Okt. 2020 wurden Ermoshina u. 39 weitere hochrangige belaruss. Funktionäre, darunter Mitarbeiter der ZWK der Republik Belarus u. Leiter von Strafverfolgungsbehörden, aufgrund von Fälschungen bei der Präsidentschaftswahl vom Aug., der Verweigerung der Teilnahme von Oppositionskandidaten an den Wahlen u. Behinderung der Arbeit unabhängiger Beobachter in den Wahllokalen wieder auf die EU-Sanktionsliste gesetzt. Auch GB, Kanada u: die Schweiz haben sie in ihre Sanktionslisten aufgenommen. Im Nov. 2020 traten Albanien, Island, Liechtenstein, Norwegen, Nordmazedonien, Montenegro u. die Ukraine dem EU-Sanktionspaket vom Okt. bei.)

EJSMONT, Ivan Mikhajlovich II III IV V (wruss. EJSMANT, Ivan Mikhajlavich, belaruss. Journalist. Nach dem Abitur arbeitete er bei der Polizei u. als freier Korrespondent für die Sportzeitung Pressball. Absolvent der Jurist. Fakultät der Akademie des Innenministeriums der Republik Belarus. Hat den Rang eines Hauptmanns. 2006 kam er unter der Protektion seiner Schwester, der Sportjournalistin Anna Ejsmont, zum Fernsehen. Bei den staatl. TV-Sendern "Belarus 1" u. "Belarus 2" arbeitete er als polit. Beobachter, war Leiter der entsprechenden Abteilung, moderierte Nachrichten- u. diverse Sondersendungen. Dort lernte er seine zukünftige Frau Natalja Seljun kennen; 2010 heirateten sie. 2014 wurde seine Frau s. Natalja Ejsmont zur Pressesprecherin des Präsidenten der Republik Belarus, s. Aleksandr Lukashenko, ernannt. Im Mai 2017 wurde Ivan Ejsmont zum stv. Vorsitzenden der staat. TV- u. Rundfunkgesellschaft "Belteleradiocompany" u. im Feb. 2018 zu ihrem Vorsitzenden ernannt. Im Feb. 2020 kündigte er an, einen neuen Nachrichtenkanal zu schaffen, der vergleichbar mit "Euronews" u. der "BBC" sein sollte. Damals sprach er auch abfällig über die klassische Schreibweise der belaruss. Sprache "Tarashkevica". Als im Aug. 2020 ein Teil der Mitarbeiter der "Belteleradiocompany"  versuchte, einen Streik zu organisieren, weigerte sich Ejsmont, zu den Demonstranten nach draussen zu gehen, u. sagte den Unterhändlern zufolge, dass jeder, der etwas nicht mag, innerhalb einer Stunde aufhören kann“. Einige Tage später übernahm Ejsmont die offizielle Version des Regimes über den Streik u. sagte, er verstosse gegen das Gesetz. Einige der entlassenen u. ausgeschiedenen Mitarbeiter wurden durch russ. Staatsbürger ersetzt, darunter auch solche von "RT". Ejsmont weigerte sich auch, über die Massenproteste in der Republik zu berichten, was eine der Forderungen von mehreren hundert Mitarbeitern der "Belteleradiocompany" war. Daraufhin wurde Ivan Ejsmont wie seine Frau von der EU auf die "belaruss. u. russ." EU-Sanktionsliste gesetzt, die mit einem Reiseverbot u. einem Einfrieren von Vermögenswerten verbunden ist. Nach der Präsidentschaftswahl vom 9. Aug. 2020 wurde Ejsmont im Dez. 2020 wegen Menschenrechtsverletzungen auf die entsprechende "Schwarze Liste" der EU gesetzt. Der Rat der EU stellte fest, dass Ejsmont als Chef des Radiounternehmens "Beltele" für die Verbreitung von Propaganda in den staatl. Medien verantwortlich ist, öffentliche Erklärungen abgab, in denen er friedliche Demonstranten kritisierte, sich weigerte, über die Proteste zu berichten u. die streikenden Mitarbeiter der "Belteleradiocompany" entliess. Auch GB u. die Schweiz setzten Ejsmont auf ihre Sanktionslisten, u. im Jan. 2021 traten Albanien, Island, Liechtenstein, Norwegen, Nordmazedonien u. Montenegro dem EU-Sanktionspaket vom Dez. bei.)


EJSMONT-SELJUN, Natalja Nikolaevna II III IV V VI VII VIII (wruss. EJSMANT-SELJUN, Natallja Mikalaeŭna, belaruss. Journalistin, seit 2014 Pressesprecherin des Präsidenten der Republik Belarus, s. Aleksandr Lukashenko. Ejsmont wird als „eine der einflussreichsten Frauen in der Führung des Landes“ bezeichnet. Viele Gegner u. ehem. Unterstützer Lukashenkos machen sie für „die Isolation des Präsidenten von der Realität“ verantwortlich. Ejsmont absolvierte die Minsker Staatl. Musikhochschule "M.I. Glinka". Sie arbeitete einige Zeit am "Musical Comedy Theatre". 2006 begann sie unter dem Namen Kirsanova als TV-Moderatorin bei der "Belteleradiocompany" zu arbeiten, wo sie insbes. die TV-Sendungen "Nachrichten aus der Region“ u. "Geschäftsleben“ auf den zentralen TV-Sendern moderierte. Dort lernte sie ihren zukünftigen Ehemann Ivan Ejsmont – Pseudonym Mikhajlov – kennen. 2014 wurde sie von Präsident Lukashenko zu seiner Pressesprecherin ernannt, vermutlich vermittelt durch ihre Freundin Darja Shmanaj, der Gewinnerin des Schönheitswettbewerbs „Frühlingskönigin“. In der Folge vertrat Ejsmont konsequent die Linie Lukashenkos u. erlaubte sich allerlei fragwürdige Aussagen. 2019 sagte sie in einem Interview, dass die „Diktatur bereits unsere Marke ist“ u. verteidigte eine positive Wahrnehmung der Diktatur, die ihrer Meinung nach „Ordnung, Disziplin u. ein ganz normales ruhiges Leben" verkörpere. 2020 kommentierte sie das Fehlen von Massnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus dahingehend, dass Lukashenkos Position zu diesem Thema sorgfältig durchdacht sei u. dass die Einführung einer Quarantäne zu hart wäre. Sie selbst infizierte sich im Nov. 2020 mit COVID-19. Es wird vermutet, dass sie den Telegram-Kanal von Lukashenkos Pressedienst leitet oder direkt daran beteiligt ist. In vielerlei Hinsicht ist sie mit Marija Zakharova, der Sprecherin des russ. Aussenministeriums von Sergej Lavrov, oder auch mit Dmitrij Peskov, dem Sprecher des Kremls, zu vergleichen. Während der Massenproteste 2020 in Belarus informierte sie am 23. Sept. Journalisten falsch über den Zeitpunkt des Beginns von Lukashenkos Amtseinführung. Im Nov. 2020 wurde Ejsmont auf die "belaruss. u. russ." EU-Sanktionsliste gesetzt. Damit wurde ihr der Besuch der Europäischen Union untersagt u. ihr Vermögen, falls vorhanden, in der EU eingefroren. Laut EU-Beschluss habe sie nach der vermutlich gefälschten Präsidentschaftswahl vom 9. Aug. 2020 insbes. durch ihre öffentl. Erklärungen zur Verteidigung des Präsidenten u. mit der Kritik an Oppositionellen u. friedlichen Demonstranten zu einer schwerwiegenden Untergrabung der Demokratie u. des Rechtsstaats in Belarus beigetragen. Auch GB, Kanada u. die Schweiz setzten sie auf ihre Sanktionslisten, u. Albanien, Island, Liechtenstein, Norwegen, Nordmazedonien, Montenegro schlossen sich den EU-Sanktionen gegen sie an. Im Juni 2021 wurde Ejsmont auch von der Liste der "Specially Designated Nationals and Blocked Persons" SDN der USA erfasst. Laut BYPOL soll Natalja Ejsmont gemäss erhaltener Tonaufzeichnungen u. der Abrechnung von Handynummern dem Personenkreis angehört haben, der an der Ermordung s. Roman Bondarenkos beteiligt gewesen sein soll. Im Zusammenhang mit dem von Putin entfesselten russ. Angriffskrieg gegen die Ukraine von 2022 wurde Ejsmont von der Ukraine, von Japan u. Neuseeland sanktioniert.)

FILIPENKO, Sasha II III IV V VI VII VIII IX X XI XII  (belaruss. Schriftsteller, Journalist u. Fernsehmoderator, der auf Russisch schreibt. Geboren in Minsk, studierte er nach einer abgebrochenen klassischen Musikausbildung an einem Kunstgymnasium u. erhielt seine Abschlüsse in Literatur an der Universität Sankt Petersburg, wo er bis 2020 lebte. Er arbeitete als Journalist, Drehbuchautor u. Gag-Schreiber für eine Satireshow u. beim unabhängigen russ. Fernsehsender "Dozhd". Sein Stück "Der Ex-Sohn" wurde in Weissrussland verboten u. stattdessen in Kiev, Ukraine, uraufgeführt. 2021 erklärte PEN International Filipenko zum Opfer der Zensur. Derzeit lebt er mit seiner Frau u. seinem Sohn ausserhalb Weissrusslands, da es für ihn gefährlich ist, in seine Heimat zurückzukehren. Für die offene Ablehnung von Aleksandr Lukashenkos Regime u. die Unterstützung s. Maryja Kalesnikavas kann Filipenko in Belarus strafrechtlich verfolgt werden – die offizielle Presse /Sovetskaja Belorussija/ erwähnte entsprechende Artkel des StGB, wonach ihm bis zu 12 Jahren Gefängnis drohen. Nach seiner Ausreise aus Russland hielt er sich wechselnd in GB, NL, DE u. CH auf. Filipenkos Stücke wurden in einer Reihe von Theatern aufgeführt, darunter in Russlands führendem Avantgarde-Theater "Gogol Center" u. im klass. Aleksandrinskij-Theater. Seine in über 10 Sprachen übersetzten Bücher wurden zu Bestsellern in Deutschland u. den Niederlanden u. wurden vom Oprah-Buchblog empfohlen. Während der belaruss. Proteste 2020–21 schrieb Filipenko eine Reihe von Artikeln, in denen er das Lukashenko-Regime scharf kritisierte u. die Freilassung polit. Gefangener in der belaruss., russ, dt., brit., schwed., niederländ., poln. u. frz. Presse forderte. Ausserdem verfasste er einen offenen Brief an den Präsidenten des Internationalen Eishockeyverbandes, René Fasel, gegen die Abhaltung einer Internationalen Eishockeymeisterschaft in Belarus, der von mehreren europäischen Zeitungen veröffentlicht wurde, darunter der dt. FAZ  u. der  Süddt. Zeitung. Ferner schrieb er einen offenen Brief an den Präsidenten des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, nachdem sich die Organisation geweigert hatte, belaruss, Gefängnisse zu inspizieren, in denen polit. Gefangene nach den Protesten gefoltert wurden. Während der russ. Invasion in der Ukraine 2022 veröffentlichte die brit. Tageszeitung The Guardian Filipenkos viel diskutierten Artikel über die Hintergründe des andauernden Krieges u. der „dysfunktionalen Familienangelegenheit“ zwischen Weissrussland, Russland u. der Ukraine. 2022 trat er gemeinsam mit der weissruss. Oppositionsführerin s. Svetlana Tsikhanouskaja auf der Münchner Sicherheitskonferenz auf. Im Juni warnte er den Westen davor, dass Putin nach der Ukraine auch weitere Länder in der Region angreifen könnte.)

HERSCHE, Natalja II III IV V VI VII VIII IX / I II III IV V VI VII VIII IX (belaruss.-schweizer. Doppelbürgerin aus St. Gallen, die im Sept. 2020 nach Minsk reiste, um an einem Protestmarsch gegen das Lukashenko-Regime teilzunehmen; dabei wurde sie von den Sicherheitskräften ergriffen, verhaftet u. im Dez. in einem als unfair bezeichneten Verfahren von einem belaruss. Gericht zu 2 Jahren u. 6 Monaten Haft verurteilt. Laut Anklage hatte sie gegen Art. 23.34 des Verwaltungsgesetzbuches der Republik Belarus wegen "Gewalt gegen einen Beamten des Innenministeriums" verstossen. Während der Festnahme weigerte sie sich, in das zu diesem Zweck vorgesehene Fahrzeug einzusteigen u. soll einem 22-jährigen Polizisten die Sturmhaube weggerissen u. sein Gesicht zerkratzt haben. Zur Schuldfrage soll sie gesagt haben, an einem friedlichen Protest teilgenommen zu haben, aber das Eingeständnis einer Schuld wegen Körperverletzung verweigerte sie u. gab lediglich zu, versucht zu haben, dem Polizisten die Sturmhaube abzunehmen. Die Menschenrechtorganisation "Libereco" betrachtet Hersche als polit. Gefangene u. als Geisel, die in Belarus festgehalten wird. Trotz verschiedener Proteste, Aufrufe u. Bemühungen konnte die Schweizerin bisher durch entsprechende Erwirkung seitens des CH-Bundesrat nicht aus der Gefangenschaft in Belarus befreit werden. Anlässlich der Eröffnung einer Schweizer Botschaft in Minsk im Feb. 2020 hatte Bundesrat Ignazio Cassis Lukashenko persönlich kennengelernt. Cassis habe bisher vergeblich versucht, seinen belaruss. Amtskollegen zu überzeugen, Hersche freizulassen. Im Feb. 2021 wurde die Haftstrafe Hersches nach 150 Tagen im belaruss. Gefängnis bei der Berufungsverhandlung bestätigt. Zuletzt hatten sich 88 CH-ParlamentarierInnen aller Bundeshaus-Fraktionen in einem offenen Brief an den belaruss. Aussenminister s. Vladimir Makej gewendet u. die Freilassung Hersches gefordert. Danach begab sich Hersche erneut in einen Hungerstreik. Besuch erhalten dürfe sie nur von ihren AnwältInnen u. dem CH-Botschafter Claude Altermatt. 3x musste sie die Haftanstalt wechseln. Im Mai 2021 befand sie sich in einer geschlossenen Arbeitshaftanstalt in Gomel. Hersche weigerte sich bisher, ein Gnadengesuch zu stellen, da sie nichts Verbotenes getan habe. Im Sept. 2021 teilte das EDA mit, dass Hersche in ein Gefängnis in Mogiljov verlegt worden sei, dessen Haftbedingungen von Kennern als besonders hart bezeichnet wurden. Am 18. Feb. 2022 wurde Hersche aus der Haft entlassen, noch am gleichen Tag konnte sie das Land verlassen u. in die Schweiz zurückkehren. Dies geschah, nachdem die neue CH-Botschafterin in Belarus, Christine Honegger Zolotuchin, dem weissruss. Diktator ihr Beglaubigungsschreiben persönlich überreicht u. ihren Posten in Minsk angetreten hatte. Im Aug. 2022 trat Hersche im "Club" von SRF auf u. erzählte von ihrer Gefangenschaft in Belarus.)

KARAEV, Jurij Khadzhimuratovich II III IV (wruss. KARAEŬ, Juryj, gebürtiger Nordossete. Seit Juli 2008 Kommandant des Spezialpolizeiregiments OMON der Hauptverwaltung für innere Angelegenheiten des Exekutivkomitees der Stadt Minsk, seit 2009 1. stv. Chef der Einsatz- u. Kampfausbildung der internen Truppen des Innenministeriums. 2012-19 stv. Innenminister der Republik Belarus u. Kommandeur der inneren Truppen. Innenminister der Republik Belarus vom 11. Juni 2019 - 29. Okt. 2020. Generalleutnant der Polizei. Vorsitzender des belaruss. Verbandes für Kickboxen u. Thaiboxen. Jurij Karaev war eine der zentralen Figuren der belaruss. Proteste 2020 nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl in Belarus 2020. Am 4. Tag der Proteste nach der Wahl bestätigte Karaev, dass die Beamten des Innenministeriums Gewalt gegen die Demonstranten anwenden dürfen. Am 29. Aug. forderte der "Koordinierungsrat zur Organisation des Prozesses zur Überwindung der polit. Krise den Rücktritt Karaevs, nachdem er als Innenminister für die Polizeibrutalität verantwortlich gemacht worden war. Ende Aug. 2020 wurde Karaev auf die Liste der Personen gesetzt, denen die Einreise nach Litauen, Lettland u. Estland wegen "Fälschung der Präsidentschaftswahl am 9. Aug." und die anschliessende gewaltsame Niederschlagung friedlicher Proteste verboten wurde. Anfang Okt. 2020 wurde Karaev auf die entsprechenden Sanktionslisten der EU u. auf die Liste der "Specially Designated Nationals and Blocked Persons" SDN des US-Finanzministeriums gesetzt. Ferner wurde er von GB, der Schweiz u. Kanada sanktioniert. Am 29. Okt. 2020 wurde Karaev per Dekret des Präsidenten von Belarus, Lukashenko, seines Amtes enthoben u. zum Assistenten des Präsidenten der Republik Belarus sowie zum Inspektor für die Region Grodno ernannt. Im März 2021 wurde von der russ. Nachrichtenagentur TASS berichtet, dass Aleksandr Lukashenko Karaev u. Gesundheitsminister Vladimir Karanik als seine bevorzugten Kandidaten für seine Nachfolge als Präsident von Belarus für den Fall, dass Lukashenko sein Amt niederlegt, benannt hat. Im Nov. 2021 spielte er eine unklare Rolle im belaruss.-polnischen Grenzgebiet im Zuge der Migrantenkrise.)

KLINAŬ, Artur Aleksandrovich (wruss. Künstler, Schriftsteller u. Herausgeber. Lebt u. arbeitet in Minsk u. in einem Wald nahe der litauischen Grenze. Seit 1998 ist er Vorsitzender der "Belarus Association of Contemporary Art" u. seit 2001 Herausgeber u. Chefredaktor der Zeitschrift pARTisan, die sich der zeitgenöss. belaruss. Kultur widmet. Klinaŭ steht dem Regime Lukashenkos kritisch gegenüber u. spricht sich für eine Westorientierung des Landes aus. Das erste bisher auf Deutsch erschienene Werk Klinaŭs ist das Buch Minsk. Sonnenstadt der Träume (2006), ein Essay, der Merkmale eines Reiseführers mit autobiografischen Elementen verbindet. 2021 erschien auf Deutsch sein Text Acht Tage Revolution. Ein dokumentarisches Journal aus Minsk über die gefälschte Präsidentschaftswahl von 2020 und deren Folgen.)

KOLESNIKOVA, Marija Aleksandrovna II III IV V VI VII VIIIa VIIIb VIIIc VIIId (wruss. KALESNIKAVA, Maryja Aljaksandraŭna, belaruss. Berufsmusikerin, Flötistin, Dirigentin u. Lehrerin. Absolventin der Weissruss. Musikakademie. Lebte u. arbeitete ab 2007 mehrere Jahre in Stuttgart, Deutschland, wo sie die Musikhochschule besuchte. In den 2010er Jahren war sie aktiv an Konzerten beteiligt u. organisierte internationale Kulturprojekte in Deutschland u. Belarus. 2017 übernahm sie den Posten der künstler. Direktorin des Kulturzentrums "Ok16" in Minsk, wo sie  den Bankier s. Viktor Babariko kennenlernte, mit dessen Mitteln ein Kulturhub aufgebaut wurde.
Oppositionspolitikerin: Nachdem Lukashenko-Gegner Viktor Babariko im Juni 2020 verhaftet wurde u. ihm somit die Zulassung als Kandidat bei der Präsidentschaftswahl vom 9. Aug. 2020 somit
verwehrt blieb, übernahm Marija Kolesnikova die Leitung seiner Wahlkampfzentrale. Im Juli kündigten Kolesnikova u. die Stabchefinnen anderer Oppositionskandidaten - s. Veronika Tsepkalo, Ehefrau von s. Valerij Tsepkalo, u. Svetlana Tikhanovskaja, Ehefrau von s. Sergej Tikhanovskij, die Vereinigung der 3 oppositionellen Wahlkampfteams an, wobei Tikhanovskaja, die ihren verhafteten Mann ersetzte, als Hauptkandidatin des Gemeinschaftsteams aufgestellt wurde. Als Lukashenko mit 80,1% der Stimmen seinen Sieg verkünden liess, weigerte sich die 3er Opposition, das Wahlergebnis anzuerkennen u. beschuldigte den Staatschef des massiven Wahlbetrugs. Die Legitimität des Wahlergebnissse wurde von den USA, Kanada, GB, der Ukraine u. 8 weiteren EU-Staaten nicht anerkannt. Im Land begannen massenhafte Strassenproteste, bei denen der Rücktritt  Lukashenkos u. die Wiederholung der Wahl gefordert wurden. Kolesnikova, deren Markenzeichen ein mit der Hand geformtes Herz war, betonte, dass sie nicht die Rolle einer Protestführerin übernehmen u. nicht an der Organisation von Kundgebungen teilnehmen wolle, sondern als Privatperson an Kundgebungen teilnehme, u. forderte über die Medien Bürger u. Regierungsbeamte auf, den friedlichen Charakter der Aktionen zu unterstützen. Aber die Strassenproteste wurden von den teilweise nichtmarkierten Sicherheitskräften, die massenweise wie aus dem Nichts erschienen u. wie wilde Horden regelrecht Jagd auf die protestierenden Menschen machten, mit dem Einsatz von Knüppeln, Blendgranaten u. Massenverhaftungen beantwortet u. unter Protest des Westens brutal niedergeschlagen. Am 18. Aug. wurde Kolesnikova Mitglied des "Koordinierungsrats zur Organisation des Prozesses zur Überwindung der polit. Krise“ u. wurde in dessen Präsidium gewählt. Bis Mitte Aug. mussten Tsepkalo u. Tikhanovskaja auf Druck der Behörden Belarus verlassen, während Kolesnikova sich kategorisch weigerte, das Land zu verlassen. Ende Aug. kündigte Kolesnikova die Gründung der polit. Partei "Rasam" / "Gemeinsam" an.
Entführung, Inhaftierung u. Verurteilung: Am 7. Sept. veröffentlichten die Medien die Nachricht, dass Marija Kolesnikova im Zentrum von Minsk von Unbekannten, zweifellos Schergen des Lukashenko-Regimes, entführt wurde. Augenzeugen berichteten, Männer in Zivil u. Masken hätten sie in einen Kleinbus gestossen. Am nächsten Morgen tauchten Informationen auf, dass versucht wurde, Kolesnikova aus Belarus gewaltsam in die Ukraine abzuschieben; sie wurde gegen ihren Willen an die Grenze zur Ukraine gebracht, wo sie zur Ausreise gezwungen wurde. Der stv. Innenminister der Ukraine, Anton Gerashchenko, bestätigte später, dass „dies keine freiwillige Ausreise, sondern eine gewaltsame Vertreibung aus ihrem Heimatland war“. Das Staatl. Grenzkomitee der Republik Belarus teilte mit, dass Kolesnikova u. deren Begleiter Ivan Kravcov u. Anton Rodnenkov um 4 Uhr morgens die belaruss. Grenzkontrolle passiert hätten u. in Richtung Ukraine fuhren. Belaruss. Regierungskanäle veröffentlichten die Fake-News, dass Kolesnikova festgenommen wurde, als sie versucht habe, in die Ukraine einzureisen, um ihre Schwester zu besuchen. Den Augenzeugen Kravcov u. Rodnenkov zufolge zerriss Kolesnikova kurz vor dem ukrain. Grenzposten ihren belaruss. Pass in kleine Stücke, warf die Fetzen weg, kletterte durch das Autofenster u. kehrte auf die belaruss. Seite zurück, woraufhin sie von belaruss. Kräften erneut festgenommen wurde. Anschliessend wurde sie ins Minsker Untersuchungsgefängnis Nr. 1 verbracht. Inzwischen wurde auch ihr Mitstreiter u. Anwalt s. Maksim Znak verhaftet und verschwand spurlos. Die internationalen Reaktionen waren scharf u. unmissverständlich. 100 dt. Kulturschaffende forderten in einem offenen Brief Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, Unterstützung zu leisten u. alles zu tun, um Kolesnikova zu befreien. Im Nov.  veröffentlichte der US-Botschafter bei der OSZE, Jim Gilmour, eine Erklärung, in der auch er die sofortige Freilassung forderte. Durch eine gemeinsame Erklärung von 12 Organisationen, darunter das Menschenrechtszentrum "Vjasna“, der belaruss. Journalistenverband, das belaruss. Helsinki-Komitee u. das belaruss. PEN-Zentrum wurde Kolesnikova als polit. Gefangene anerkannt. Auch Amnesty International folgte diesem Entscheid. Im Sept. wurde in Minsk von den Bürgern in einem der Höfe der Wohnviertel der „Marjja Kolesnikova-Platz“ mit eine Wandbild eröffnet. Der Platz wurde zu einem Ort für Nachbarschaftstreffen u. Konzerte unter Beteiligung belaruss. Musiker. Am 12. Sept. wurde Kolesnikova ins Gefängnis Nr. 8 in Zhodino verlegt. Am 16. Sept. erhob der Untersuchungsausschuss von Belarus Anklage gegen Kolesnikova gemäss Art. 361  Teil 3 StGB von Belarus wegen "Aufrufen zu Massnahmen, die der nationalen Sicherheit schaden sollen". Dies erregte die Aufmerksamkeit der führenden Medien der Welt. Nach Angaben zahlreicher Menschenrechtsverteidiger, Journalisten u. der internationalen Gemeinschaft wurde das Verfahren gegen Kolesnikova aufgrund von unbegründeten u. erfundenen Anschuldigungen scharf kritisiert. Am 8. Jan. 2021 wurde Kolesnikova erneut von Zhodino in eine Untersuchungshaftanstalt in Minsk verlegt u. ihr dortiger Aufenthalt bis März verlängert. Dort wurde sie diversen Restrikionen uterworfen. Kolesnikovas gerechtfertigte Anzeige wegen Entführung, Drohungen u. Gewalt durch die beloruss. Behörden wurde abgelehnt. Nach einem Jahr Untersuchungshaft wurde sie am 6. Sept. 2021 vom Regionalgericht Minsk der "Verschwörung zur Ergreifung der Staatsgewalt mit verfassungswidrigen Mitteln, der Gründung u. Leitung einer extremist. Formation sowie des öffentl. Aufrufs zur Ergreifung der Staatsgewalt u. der Begehung anderer Handlungen zur Schädigung der nationalen Sicherheit von Belarus usw." für schuldig befunden. Das Verfahren wurde hinter verschlossenen Türen geführt, die Angeklagten erhielten keinen Zugang zu den Unterlagen, die Anwälte waren zur Verschwiegenheit verpflichtet. Bei dem Urteil, das am gleichen Tag gegen Kolesnikova u. Znak gefällt wurde, erhielt Kolesnikova 11 Jahre Haft in einem Straflager mit gewöhnl. Strafvollzug, während Znak zu 10 Jahre in einem Gefängnis mit verschärftem Regime verurteilt wurde. Die Staatsanwaltschaft bestand auf jeweils 12 Jahren Haft. Obwohl die Sitzung zuvor angekündigt wurde, durften nur 8 Verwandte u. Anwälte den Saal betreten, ausländ. Diplomaten wurde der Zugang unter dem Vorwand fehlender schriftl. Erlaubnis verweigert. Nach Aussage von Kolesnikovas Verteidiger Uladzimir Pylchenko befanden sich in einer „organisierten Menge" dennoch etwa 50 den Angeklagten unbekannte Personen im Saal. Die Verkündung des Urteils dauerte nicht länger als 5 Minuten. Laut Anwälten u. Verwandten weigerten sich Kolesnikova u. Znak, Begnadigungsanträge zu stellen, da sie ihrer Unschuld vertrauten u. Berufung einlegen wollten. Kolesnikova sagte in einem Interview, ihr sei während ihres Aufenthalts in der Untersuchungshaftanstalt immer wieder angeboten worden, bei den Ermittlungen mitzuarbeiten, ein Begnadigungsgesuch zu schreiben oder sich in einem Video für die Koordinierung der Proteste schuldig zu bekennen. Das Urteil gegen Kolesnikova wurde von der Aussenwelt eindeutig als repressive Massnahme bewertet. 8 Staaten der EU, die USA, Kanada u. GB  amerkannten Kolesniks als Repressionsopfer, verurteilten das Urteil u. forderten ihre sofortige Freilassung. Der EU-Abgeordnete Peter Stano bezeichnete das Urteil als „eklatante Missachtung der Menschenrechte u. Grundfreiheiten“ u. forderte die sofortige Freilassung Kolesnikovas. Abgeordnete des Deutschen  Bundestages, des Auswärtigen Amtes der BRD, des US-Aussenministeriums u.a. Vertretungen der internationalen Gemeinschaft verurteilten das Urteil ebenso u. sprachen sich für härtere Sanktionen gegen das Lukashenka-Regime aus. Nach dem Urteil verschärften die Staats- und Regierungschefs dieser Länder auch tatsächlich die Sanktionen gegen das Lukashenko-Regime. Im Juni 2021 wurde die GUBOPiK wegen der Entführung Kolesnikovas auf die
"Specially Designated Nationals and Blocked PersonsSDN der USA gesetzt. 2021 wurde Marija Kolesnikova mit dem "Lev Kopelev-Preises" geehrt. Ende Nov. 2022 wurde bekannt, dass Kolesnikova auf einer Intensivstation eines Notfallkrankenhauses der Stadt Homel liege. Gründe u.Ummstände ihrer Hospitalisierung wurden nicht angegeben; auch über ihren Gesundheitszustand wurden keine Informationen veröffentlicht.)

KONJUK, Aleksandr Vladimirovich II III IV V (wruss. KANJUK, Aljaksandr Uladzimiravich, belaruss. Staatsanwalt 1. Klasse. 2011-20 Generalstaatsanwalt der Republik Belarus. Zuvor ehem. Richter u. Vorsitzender des belaruss. Militärgerichts, ehem.  stv. Vorsitzender des Militärkollegiums des Obersten Gerichts der Republik Belarus. Während der Proteste des Somers 2020 infolge der gefälschten Präsidentschaftswahl war Konjuk als Generalstaatsanwalt für die Anklageerhebung gegen zahlreiche Oppositions- u. Streikführer zuständig. So eröffnete er etwa ein Strafverfahren gegen die Mitglieder des von s. Svetlana Tikhanovskaja initiierten "Koordinierungsrats zur Organisation des Prozesses zur Überwindung der polit. Krise“, des polit Organs zur Vorbereitung der Machtübergabe in Belarus. Ende Aug. 2020 wurde Konjuk auf die Liste der Personen gesetzt, denen ein Einreiseverbot nach Estland u. Litauen verhängt wurde, weil er durch seine Handlungen die Fälschung der Präsidentschaftswahl am 9. Aug. u. die anschliessende gewaltsame Niederschlagung friedlicher Proteste mitorganisiert u. unterstützt habe. Am 9. Sept. wurde Konjuk seines Amtes als Generalstaatsanwalt der Republik Belarus enthoben u. später zum Ausserordentl. u. Bevollmächtigten Botschafter der Republik Belarus in der Republik Armenien ernannt. Anfang Okt. wurde bekannt gegeben, dass Konjuk auf die "belaruss. u. russ." EU-Sanktionsliste gesetzt wurde. Damit wurde ihm der Besuch der EU untersagt u. sein Vermögen, falls vorhanden, in der EU eingefroren. Auch Albanien, Island, Liechtenstein, Norwegen, Nordmazedonien, Montenegro schlossen sich den EU-Sanktionen gegen ihn an; GB, Kanada u. die Schweiz setzten ihn ebenso auf ihre Sanktionslisten. Im Mai 2021 ereignete sich auf der internationalen Tourismusmesse "IntourExpo" in Erivan ein Zwischenfall zwischen dem bekannten Blogger Aleksandr Lapshin u. dem Botschafter der Republik Belarus in Armenien, Aleksandr Konjuk. Beide waren als Ehrengäste eingeladen. Der Blogger weigerte sich nicht nur, dem Botschafter die Hand zu geben, sondern sprach sich später auch für dessen Ausweisung aus Armenien aus. Lapshin begründete sein Handeln damit, dass Konjuk als Generalstaatsanwalt von Belarus ihn wegen einer journalist. Reise nach Berg-Karabach nach Aserbaidschan ausliefern wollte, was seine Unterschrift auf den Auslieferungsdokumenten bezeuge. Der Blogger warf Konjuk ausserdem vor, an der gewaltsamen Niederschlagung friedlicher Proteste in Minsk im Sommer 2020 beteiligt gewesen zu sein.)

KOVALKOVA, Olga Aleksandrovna II III IV V VI (wruss. KAVALKOVA, Volha Aljaksandraŭna, belaruss. Politikerin, Rechtsanwältin, Buchhalterin. Absolventin der Rechtswissenschaften an der Akademie des Innenministeriums von Belarus u. der Politikwissenschaft an der Osteuropäischen Fakultät für Politische Studien. 2004-8 arbeitete sie in den Bezirksverwaltungen von Minsk, dann als Rechtsanwältin, Vorsitzende u. Hauptbuchhalterin in Verbrauchergenossenschaften des Wohnungsbaus, u. 2011-14 als Dozentin am Institut für Höhere Studien. Stv. Vorsitzende der nicht anerkannten Partei "Belaruss. Christdemokratie". Bereits 2012 berichtete sie in Berlin, wo sie Gespräche im Auswärtigen Amt, im Deutschen Bundestag u. im Bundeskanzleramt führte, über die bedrückende polit. Situation in ihrem Heimatland nach den Parlamentswahlen dieses Jahres u. beklagte die anhaltenden Repressionen, massiven Wahlfälschungen u. den sich zunehmend verschlechternden wirtschaftl. Zustand ihres Landes. Bei der Parlamentswahl 2019 wurde Kovalkova als Kandidatin im Minsker Puschkin-Bezirk Nr. 103 nominiert. Im Feb. 2020 kündigte sie ihre Absicht an, an den Präsidentschaftswahlen in Belarus dieses Jahres teilzunehmen. Sie nahm an den Vorwahlen teil, die im März begannen u. Ende April endeten. Kovalkova erhielt laut Ergebnis 1073 Stimmen u. belegte damit den 3. Platz. Im Mai 2020 liess die Zentrale Wahlkommission ZWK eine Initiativgruppe von 120 Personen zu. Aber Kovalkova wollte wegen der COVID-19-Pandemie keine Unterschriften für ihre Nominierung sammeln. Bei Internetumfragen von Portalen wie tut.by, Telegraf.by u. dem weissruss. Dienst von "Radio Svaboda" vom 20.-26. Mai lag Kovalkovas Bewertung zwischen 0,25% u. 0,37%. Am 19. Juni endete die Unterschriftensammlung für die Kandidaten für die Präsidentschaftswahl in der Republik Belarus, aber Kovalkova sprach nicht über die Anzahl der gesammelten Unterschriften u. reichte auch keine Unterschriften bei der ZWK ein. Folglich lehnte die ZWK die Kandidatur Kovalkovas ab. Bald schloss sie sich dem Wahlkampf von s. Svetlana Tikhanovskaja an, wurde eine ihrer engen Vertrauten u. trat später dem "Koordinierungsrat zur Organisation des Prozesses zur Überwindung der polit. Krise“ bei, zu dessen Initiatoren sie gehörte. Im Aug. 2020 nahm der Generalstaatsanwalt von Belarus Ermittlungen gegen die Mitglieder des "Koordinierungsrates" auf, denen die Beteiligung an der Vorbereitung eines Staatsstreichs zur Last gelegt wurde. Kovalkova wurde von der Sonderpolizei OMON festgenommen. Sie wurde offenbar von der belaruss. Staatsmacht dazu gedrängt, nach Polen auszureisen. Am 5. Sept. 2020 gab sie gemeinsam mit Micha³ Dworczyk, dem Kabinettschef des polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki, eine Pressekonferenz vor Journalisten in Warschau. Dort sagte sie, sie sei nach ihrer Festnahme von belaruss. Sicherheitskräften bedroht u. anschliessend zur polnischen Grenze gebracht worden. Sie sei vor die Entscheidung gestellt worden, entweder auszureisen oder sehr lange im Gefängnis zu sitzen.)

LATUSHKO, Pavel Pavlovich II III IV V VI V (wruss. LATUSHKA, Pavel Paŭlavich, belaruss. Diplomat u. ehemal. Kulturminister von Belarus. Zuvor ehem. Attaché der Rechtsabteilung des Aussenministeriums von Belarus, ehem. Vizekonsul u. Konsul des Generalkonsulats von Belarus in Bia³ystok, Polen. Ehem. Leiter der Informationsabteilung u. Sprecher des Aussenministeriums von Belarus. 2002-8 Ausserordentl. u. Bevollmächtigter Botschafter der Republik Belarus in Polen. Er war der jüngste belaruss. Botschafter. 2009 zum Kulturminister von Belarus berufen. 2012 zum Botschafter in Frankreich u. bei der UNESCO ernannt. Im Jan. 2019 durch Dekret des Präsidenten Lukashenko als Botschafter von Belarus in Frankreich entlassen. Bald wurde er zum Direktor des Janka Kupala-Nationaltheaters in Minsk ernannt. Während der weissruss. Proteste von 2020 unterstützte er den Streik der Theaterkünstler u. sprach sich für den Rücktritt von Innenminister s. Jurij Karaev u. der ZWK-Vorsitzenden s. Lidija Ermoshina aus. Am 17. Aug. 2020 wurde Latushko auf Anordnung des belaruss. Kulturministers s. Jurij Bondar aus dem Amt des Generaldirektors des Kupala-Theaters entfernt. Der Grund für seine Entlassung war, dass er am 14. Aug. die Niederschlagung friedlicher Proteste gegen Wahlbetrug in Belarus verurteilte, zu den Demonstranten auf dem Platz der Unabhängigkeit ging u. am 16. Aug. am Freiheitsmarsch teilnahm u. sagte, die Behörden hätten eine Büchse der Pandora geöffnet. Er wurde Mitglied des Präsidiums des "Koordinierungsrates zur Organisation des Prozesses zur Überwindung der polit. Krise. Am 20. Aug. leitete der belaruss. Generalstaatsanwalt s. Aleksandr Konjuk ein Strafverfahren gegen die Mitglieder des "Koordinierungsrats" gemäss Art. 361 des belaruss. StGB wegen des "Versuchs der Eroberung der Staatsmacht u. der Gefährdung der nationalen Sicherheit" ein. Nachdem Präsident s. Aleksandr Lukashenko Latushko gewarnt hatte, dass er eine rote Linie überschritten habe u. strafrechtlich verfolgt werden würde, sah sich Latushko gezwungen, Belarus zu verlassen u. nach Polen zu emigrieren. Ende Okt. 2020 wurde Latushko Leiter des Nationalen Anti-Krisen-Managements, einer Art Schattenregierung, die vom belaruss. "Koordinierungsrat" für die friedliche Übergabe der Macht in Belarus eingesetzt wurde. Die Vertreter des "Managaments" sind der Ansicht, dass die de-facto-Regierung Lukashenkos illegitim ist u. gegen die Verfassung von Belarus verstösst. Als Mitglied der belaruss. Sprachgesellschaft verwendete Latushko In den offiziellen Beziehungen konsequent die belaruss. Sprache. Nach dem Rücktritt des CH-Botschafters in Minsk im Herbst 2021 kritisierte Latushko das EDA, den Posten neu zu besetzen, zumal dies mit einer Huldigung bei einem umstrittenen Staatsoberhaut verbunden wäre, u. warnte die Schweiz davor, dass dies bei den WeissrussInnen als "Beleidigug für ihre Gefühle" aufgefasst werden könnte.)

LUKASHENKO, Aleksandr Grigorevich II III IV V VI VII VIIa VIIa VIII  IX X XI XII XIII XIV XV XVI XVII XVIII XIX X XXI XXII XXIII XXIII XXIV XXV XXVI XXVII XXVIII XXIX XXX // II III IV Va Vb Vc Vd VI VII VIII IX X XI XII XIIIa XIIIIb XIIIc XIVa XIVb XV XVI XVIIa XVIIb XVIII XIX (wruss. LUKASHENKA, Aljaksandr Ryhoravich, belaruss. Politiker, seit Juli 1994 autoritär regierender Staatspräsident von Belarus.Vorgeschichte: Lukashenko studierte Agrarwissenschaft an der Landwirtschaftsakademie in Gorki/Horki sowie Geschichte an der Pädagog. Hochschule in Mogiljov / Mahiljoŭ. In Sowjetzeiten war er zunächst als Assistent eines Politruks bei den dem KGB unterstehenden Grenztruppen der UdSSR in Brest eingesetzt, dann als Politoffizier bei einer Panzerkompanie der Sowjetarmee tätig. Danach wurde er Sekretär der KPdSU u. Direktor einer Sowchose. 1991 unterstützte er den Augustputsch in Moskau gegen Michail Gorbatschow. Als sich die Weissruss. Sowjetrepublik für unabhängig erklärte, soll Lukashenko nach eigenen Angaben als einziger Abgeordneter des weissruss. Obersten Sowjets gegen die Loslösung der BSSR von der Sowjetunion gestimmt haben. 1993 wurde er zum Vorsitzenden des parlamentarischen Anti-Korruptionsausschusses gewählt u. beschuldigte führende Regierungsmitglieder der Korruption, einschliessl. des Parlamentspräsidenten u. Staatsoberhaupts Stanislaŭ Shushkevich, der daraufhin eine Vertrauensabstimmung im Parlament u. somit sein Amt verlor. Nach einem von Korruptionsvorwürfen gegen seine Mitbewerber geprägten Wahlkampf wurde Lukashenko am 10. Juli 1994 zum ersten Präsidenten des Landes gewählt. Die OSZE u. die USA stuften den Urnengang allerdings als fragwürdig ein.
Amtszeiten als Staatspräsident:
Als eine der ersten Massnahmen nach seiner Wahl als Staatspräsident von Belarus wurden Staatssymbole eingeführt, die deutlich an die Sowjetzeit erinnerten u. die alte, bis 1995 gültige weiss-rot-weisse Symbolik verdrängten. Lukashenko wandte sich vom Westen ab, ging unverzüglich gegen die sich politisch u. ökonomisch nach Westen orientierende Presse vor, prangerte wiederholt die Finanztransfers ausländ. polit. Organisationen in Belarus a, stoppte die Privatisierungen u. strebte eine Anlehnung an Russland an. Dazu unterzeichnete er noch unter Boris Jelcyn mit Moskau eine Reihe von Verträgen, die zu einer Russ.-Belaruss. Union hinführen sollten, wobei lediglich die Verteidigungs- u. vorübergehend die Zollunion umgesetzt wurden. Es verschwanden mehrere oppositionelle Politiker u. Journalisten, so der ehem. Vorsitzende der Zentralen Wahlkommission s. Viktor Gonchar, der ermordet wurde. Während seiner 2. Amtszeit 2001-6 kühlte sich mit dem Amtsantritt Vladimir Putins zunächst das Klima gegenüber Russland ab. Aussenpolit. Priorität gab Lukashenko den Beziehungen zu Staaten wie Nordkorea, Turkmenistan, Katar, Iran, Kuba, VR China, Sudan u. Venezuela sowie Irak u. Libyen. In der Wirtschaft verzichtete Lukashenko auf neoliberale Reformen, wie sie in den osteurop. Ländern durchgeführt wurden. In Belarus war ein wirtschaftl. Aufschwung zu beobachten, wobei die staatl. Unternehmen den grössten Beitrag zum BSP leisteten. Finanzielle u. polit. Unterstützung erhielt die Opposition hauptsächlich von Deutschland, Polen u. der EU. Es fand eine von westlichen Beobachtern als „undemokratisch“ bezeichnete Volksabstimmung über eine Verfassungsänderung statt, polit. Gegner wurden wegen angebl. Verunglimpfung des Präsidenten zu Haftstrafen verurteilt. Während der 3. Amtszeit 2006-10 verhängte die EU infolge von Menschenrechtsverstössen u. Dissonanzen bei der marktwirtschaftl. Öffnung des Landes im Apil 2006 ein Einreiseverbot für insgesamt 31 Personen der belaruss. Führung. Im Mai 2006 beschloss die EU, die Konten von Präsident Lukashenko u. 35 weiteren Regierungsbeamten einzufrieren. Im Juni 2006 verschärften auch die USA ihre Sanktionen gegen die belaruss. Regierung. Lukashenko gab in einem Interview mit der Berliner Morgenpost an, keine Konten bei ausländ. Banken zu haben. Während seiner 4. Amtszeit 2010-15 kühlten sich die Beziehungen zur EU deutlich ab. Die EU zog alle ihre Botschafter aus Belarus ab u. verschärfte die Sanktionen. Der deutsche Aussenminister Guido Westerwelle prägte den Begriff des „letzten Diktator Europas“ für Lukashenko, der zuhause "batka", Väterchen, Pate, genannt wird. Dieser erwiderte den Angriff mit den Worten „besser Diktator als schwul". Im Zuge der Ukrainekrise ab 2014 wendete sich Lukashenko überraschend teilweise von seiner proruss. Politik ab u. sagte mit Blick auf Putin scherzhaft, es gebe einen schlimmeren Diktator als ihn. Die Annexion der Krym wurde von ihm kritisiert, während zum ukrain. Präsidenten Petro Poroshenko demonstrativ gute Beziehungen unterhalten wurden. Im Sept. 2014 u. Feb. 2015 wurden die Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine u. Russland bezügl. Donbass-Konflikt in der belaruss. Hauptstadt Minsk geführt. Von Russland wurde der "Minsker Frieden" aber immer wieder unterlaufen u. Lukashenko hielt sich aus dem Konflikt weitgehend heraus. Während der 5. Amtszeit Lukashenkos 2015-20 stellte die OSZE trotz Unstimmigkeiten bei der Wahl fest, dass es leichte Verbesserungen im Vergleich zu den Vorjahren gab, so dass die EU beschloss, die Sanktionen gegen Belarus für vier Monate ab Nov. 2015 auszusetzen. Lukashenko bemühte sich um einen Balanceakt zwischen Russland u. dem Westen. 2016 schrumpfte die weissruss. Wirtschaft laut Prognosen um 3%, die Inflation war hoch u. Kreditrückzahlungen in Milliardenhöhe an ausländ. Geldgeber wurden fällig. Um die anstehenden Auslandsschulden zu bezahlen, bemühte sich der Präsident um ein neues Darlehen beim IWF. Im Zuge der COVID-19-Pandemie in Belarus von 2020 fiel Lukashenko durch seine Skepsis in Bezug auf die Gefährlichkeit des Coronavirus auf u. liess verlauten, dass es in Belarus ein solches Virus gar nicht gebe, während die Pandemie als „Psychose“ bezeichnet wurde; diese könne „mit Vodka, Saunagängen u. Traktorfahren“ bekämpft werden. Im Staatsfernsehen wurde aufgrund der Ansichten des Präsidenten zunächst nicht über die Pandemie berichtet. Die Siegesparade des 9. Mai fand in Minsk wie gewohnt statt. Ende Juli 2020 behauptete Lukashenko, eine Infektion des Coronavirus überstanden zu haben. Im Juni 2020 löste Lukashenko die belaruss. Regierung per Dekret auf u. erklärte, dass er sich bei der für Aug. 2020 geplanten Präsidentschaftswahl für eine 6. Amtszeit bewerben werde. Vor der Wahl liess er seine wichtigsten polit. Kontrahenten s. Viktor Babariko, s. Sergej Tikhanovskij u. s. Valerij Tsepkalo verhaften u. schaltete sie so vom Wahlprozess aus. An der Stelle von Tikhanovskij kandidierte dessen Ehefrau s. Svetlana Tikhanovskaja, der es gelang, die Wahlstäbe der genannten nicht zugelassenen u. verhafteten Kandidaten zu vereinen. Lukashenko meinte, dass mit der Kandidatur Tikhanovskajas „Belarus noch nicht reif für eine Frau an der Spitze" se. Nachdem die Zentrale Wahlkommission von s. Lidija Ermoshina Lukashenko mit 80,1% der abgegebenen Stimmen zum Wahlsieger ausrief, behauptete die Opposition, Tikhanovskaja habe die Wahl gewonnen, wofür zahlreiche glaubhafte Indizien sprachen, denn das Lukashenko überdrüssige Volk wollte einen Machtwechsel herbeiführen. Im ganzen Land, v.a in der Hauptstadt Minsk, brachen Massenproteste des Volkes aus, an denen unter dem Motto "die Revolution hat ein weibliches Gesicht" auch zahlreiche Frauen demonstrativ teilnahmen, von denen sich v.a drei bestimmteFrauen, nämlich Svetlana Tikhanovskaja, s. Marija Kolesnikova u. Veronika Tsepkalo an vorderster Front standen. Das Lukashenko-Regime reagierte mit kruden Beleidigungen gegen die DemonstrantInnen u. liess die Erhebung durch seine Sicherheitskräfte wie OMON u.a. gewaltsam, Zehntausende von DemonstrantInnen durch diese verhaften u. ins Gefängnis bringen, wo sie den Schlägen u. Verhören brutaler Männer ausgesetzt wurden. Später wurden zahlreiche Fälle von "Folter" dokumentiert. Einige Verhaftete wurden für 15 Tage inhaftiert, anderen wurde der Prozess gemacht. Die belaruss. Propaganda verbreitete, dass die bis in den Spätsommer dauernden Massenproteste vom Westen gesteuert seien, u. beschönigte die repressive Vorgehensweise der staatl. Stellen stark. Das Vorgehen des Regimes wurde international stark kritisiert. Am 16. Aug. liess Lukashenko zu seinen Gunsten demonstrieren u. sprach vor Anhängern. Ein am 18. Aug. von Tikhanovskaja initiierter "Koordinierungsrates zur Organisation des Prozesses zur Überwindung der polit. Krise“, der u.a. für Neuwahlen plädierte, wurde vom Lukashenko-Regime brutal bekämpft u. seine Mitglieder aus dem Land gedrängt. Tikhanovskaja floh nach Litauen, s. Pavel Latushko nach Polen; Kolesnikova sollte in die Ukraine ausgeschafft werden, aber sie weigerte sich u. wurde in Belarus verhaftet u. ins Gefängnis gesteckt. Ausländischen  Medienjournalisten wurde die Arbeitserlaubnis bzw. Akkreditierung in Belarus entzogen, was auch russ. Medienleute betraf; sie wurden des Landes verwiesen u. mit Einreisesperren belegt. Viele Websites u. einschlägige Internet-Dienste, die über die Proteste berichteten, wurden von den Behörden in Belarus blockiert. Während nur wenige Funktionäre des Lukashenko-Regimes sich von dem gewalsamen Vorgehen gegen das belaruss. Volk distanzierten wie der belaruss. Botschafter in der Slowake, Kremlchef Vladimir Putin sich mit Lukashenko neu verbündete u. dem bedrängten Lukashenko-Regime u.a. mit Krediten in Milliadenhöhe u. Miltärhife entgegenkam u. die Staatschefs von China u. der Türkei Lukashenko zur erneuten "Wahl" gratulierten, reagierte der Westen u. v.a. die EU empört auf das brutale Vorgehen Lukashenkos gegen die Opposition u. das belaruss. Volk. Luxemburgs Aussenminister Jean Asselborn sprach von „Staatsterrorismus“, Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich erschüttert über die Vorgänge. Die Ukraine fror alle diplomat. Kontakte zu Belarus ein. Die OSZE forderte nach einer Sitzung der Mitgliedsstaaten ein Ende der Menschenrechtsverletzungen in Belarus. Am 19. Aug. erklärten die Mitgliedstaaten der EU, das Wahlergebnis nicht anzuerkennen. Das bedeutete, dass Lukashenko von den Europäern und Amerikanern nicht mehr als rechtmässiger Präsident von Belarus angesehen. In der Folge fanden mehrer EU-Treffen zur Situation in Belarus statt, dessen Regime mit Sanktionen belegt wurde. Lukashenko zeigte sich unbeeindruckt von diesen Massnahmen u. präsentierte sich am 23. August mit Gewehr und seinem Sohn martialisch vor seinem Palast u. bezeichnete die Demonstranten als „Ratten", nachdem er einen Inspektionsrundflug per Helikopter über der Hauptstadt absolviert u. die Massen von Protestierenden gesehen hatte. Am 23. Sept. liess sich Lukashenko bei einer nicht angekündigten, geheimen Aktion im Kreise eines ausgewählten Publikums zum Präsidenten von Belarus vereidigen. Im Westen wurde die Vereidigung als Farce wahrgenommen.
Weitere Skandale: Im Mai 2021 liess Lukashenko den NEXTA-Chefredaktor s. Roman Protasevich auf seinem Flug von Athen nach Vilnius im beloruss. Luftraum entführen u. zwang die irische Ryanair-Maschine unter dem Vorwand einer Bombendrohung zur Landung auf dem Flughafen von Minsk. Der belaruss. Journalist u. seine russ. Begleiterin wurden dort unverzüglich verhaftet, verhört u. bis auf weiteres inhaftiert bzw. später unter Hausarrest gestellt. Der empörte Westen, der von Luftpiraterie sprach, reagierte mit neuen Sanktionen gegen das Lukashenko-Regime, erliess ein Landeverbot für Belavia-Flugzeuge auf europäischen Flughäfen u. erklärte den belaruss. Luftraum für europäische Fluggeselschaften für gesperrt. Am 9. Aug. 2021 hielt Lukashenko ein Jahr nach der Präsidentschaftswahl in Minsk eine internationale Pressekonferenz ab u. erklärte den versammelten Journalisten ungeniert seine eigene Sicht der Dinge, die natürlich grob verzerrt war. Ende Okt. 2021 sperrte das Regime die Website der "Deutschen Welle". Als im Okt./Nov 2021 Tausende von Migranten aus Irak, Syrien u. Afghanistan an der belaruss.-polnischen Grenze auftauchten, um diese Aussengrenze zur EU illegal zu überschreiten, wurde dies im Westen mit einer böswilligen Aktion des Lukashenko-Regimes erklärt, im Rahmen des "hybriden Kriegs" Migranten aus diesen Ländern absichtlich nach Belarus gelockt u. an diese Grenze geschafft zu haben, um sie quasi aus Rache für die westlichen Sanktionen gegen das Lukashenko-Regime als eine Art als "Kriegswaffe" illegal in die EU zu schleusen. Polen reagierte umgehend mit einer hermetischen militär. Abriegelung seiner Ostgrenze, während Belarus sich gezwungen sah, die Flüchtlinge abzuziehen u. teilweise in ihre Heimatländer zurückzuschaffen. Lukashenko drehte den Spiess um und bezichtigte am 10. Nov. in einem Interview mit einem russ. Journalisen die EU, einen  hybriden Krieg" gegen Belarus zu führen und beschimpfte die EU als  Bastarde" u.  Wahnsinnige". Im Westen glaubte man, dass alle diese Aktionen u. kriminellen Machenschaften Lukashenkos wahrscheinlich mit der Billigung Putins ausgeführt wurden, obwohl der Kremlchef verlautete, mit diesen Vorkommnisse u. Problemen nichts zu tun zu haben. Man glaubt, dass Lukashenko von Putin skrupellos für dessen neoimperialien Absichten u. Pläne missbraucht wird. Das Verhältnis zwischen der EU u. Belarus u. Russland hatte damit einen neuen Tiefpunkt erreicht. In einem Exklusivinterview mit Lukaschenko befragte Keir Simmons von NBC News im Okt. 2022 den wruss. Machthaber über den Krieg in der Ukraine, Massengräber, den Geisteszustand Putins u. die Möglichkeit, dass Atomwaffen eingesetzt werden könnten. Im Feb. 2023 antwortete Lukashenko bei einer Konferenz mit ausgewählten Jornalisten ziemlich aggressiv u. ausfällig einem BBC-Vertreter unter Verdrehung aller Fakten: Sollte die Ukraine Belarus angreifen, werde die Reaktion „extrem schrecklich sein". Bei der Operation Russlands in der Ukraine handle es sich nicht um eine Invasion, sondern um eine Massnahme zur die Verteidigung der Interessen Russlands. Die Schuld an der Eskalation trage Europa u. der Westen /II/. Ende Feb. 2023 antwortete der Lukashenko auf Fragen chines. Journalisten, wobei er einen ganz anderen u. unterwürfigen Ton an den Tag legte. Anfang März 2023 reiste Lukashenko nach Peking, wo er den chines. Staatschef Xi Jinping traf. Zur gleichen Zeit kritisierten UN „dramatische Verschlechterung" der Menschenrechtslage in Belarus unter Lukaschenko. Nach einer angebl. Gesundheitsschwäche anlässlich der Moskauer Siegesparade vom 9. Mai 2023 tauchte Lukashenko mit mitgenommenen Aussehen in Belarus wieder auf /II III IV V/. Bei einem Empfang des belaruss. Botschafters in Russland schien der Diktator wieder weitgehend hergestellt. Bei einem Treffen mit Regierungsleuten sagte er, dass es eine Adenovirus-Infektion gewesen sei, dass er daran nicht sterben werde u. man ihn noch lange ertragen müsse. Nach der gescheiterten Meuterei der "Wagner"-Gruppe Evgenij Prigozhins im Juni 2023 bot Lukashenko ihm u. seinen Söldnern, die in der Ukraine gekämpft hatten, "Exil" in Belarus. Im Aug. 2023 gab Lukashenko einer Journalistin von Viktor Medvedchuks kontrollierten Medien ein Interview /II III IV/, in dem er sagte, dass Russland seine Kriegsziele erreicht habe u. nun Friedensgespräche notwendig seien. Bemerkenswerterweise gratulierte Lukashenko am 24. Aug. 2023 der Ukraine zum Nationalfeiertag. Nach dem mutmasslichen Anschlag auf "Wagner"-Führer Evgenij Prigozhin im Aug. 2023 sagte Lukashenko, dass Putin bei diesem Vorfall keine Schuld trage /II/. Im Juli 2024 wurde Belarus in die Schanghaier Organisation SCO aufgenommen.) 08.23 / 08.24

MAKEJ, Vladimir Vladimirovich II III (wruss. MAKEJ, Uladzimir Uladzimiravich, belaruss. Politiker, Aussenminister der Republik Belarus. Ehem. Student an der Diplomat. Akademie des österr. Aussenministeriums, ehem. Vertreter von Belarus beim Europarat, ehem. Berater der Botschaft der Republik Belarus in Frankreich, ehem. Leiter der Abteilung für Gesamteuropäische Zusammenarbeit des Aussenministeriums von Belarus, ehem. Assistent des Präsidenten der Republik Belarus, s. Aleksandr Lukashenko. 2008 zum Leiter-Stabchef der Präsidialverwaltung der Republik Belarus u. per Dekret des Präsidenten Lukashenko als Mitglied des Sicherheitsrats von Belarus berufen. im Aug. 2012 zum neuen Aussenminister der Republik Belarus ernannt. Aufgrund von Sanktionen gegen die belaruss. Regierung durfte er zeitweilig nicht in die EU einreisen. 2014 wurde er erstmals als potentieller Nachfolger von Lukashenko für das Amt des Präsidenten genannt. Im Juni 2020 erweiterte der Präsident der Republik Belarus, Lukashenko, nach der Absetzung der Regierung des Landes die Befugnisse Makejs, der seinen Posten als Leiter der Aussenpolitik der Republik behielt. Im Protestjahr 2020 wurde seine Haltung gegenüber dem Ausland immer aggressver u. feindseliger. Im Aug. 2020, nach den Präsidentschaftswahl u. dem Beginn der Massenproteste, sagte Makej bei einem Treffen von Mitarbeitern des Aussenministeriums, dass jeder zurücktreten solle, der mit der Staatspolitik nicht einverstanden sei. Im Nov. 2020 kündigte er seine Bereitschaft an, die Zusammenarbeit mit dem Europarat zu beenden u. räumte zuvor die Möglichkeit ein, die diplomat. Beziehungen zur EU mit der Einführung von Sanktionen vollständig abzubrechen. Die Sanktionspolitik des Westens gegen Belarus von 2020 kommentieret er wie folgt: „Jede weitere Verschärfung der Sanktionen wird dazu führen, dass die [belaruss.] Zivilgesellschaft aufhört zu existieren. Und das, glaube ich, wird in dieser Situation absolut gerechtfertigt sein." Im Jan. 2021 beschuldigte Makej ausländ. Diplomaten, Aufrufe zur Teilnahme an Protesten zu verbreiten u. Informationen über eine „spezifische staatsfeindliche Ausrichtung“ zu veröffentlichen. Im Feb. 2021 beschuldigte der ehem. Kulturminister der Republik Belarus u. Botschafter in Frankreich, s. Pavel Latushko, Makej der Heuchelei u. wies darauf hin, dass dieser vor westeuropäischen u. US-amerikan. Diplomaten wiederholt antiruss. Ansichten geäussert habe, habe aber nach den Wahlen 2020 eine Kehrtwende gemacht u. begonnen, eine proruss. Sichtweise zu vertreten, bei der sogar den Erhalt der Souveränität seines Landes in Frage gestellt habe. Als "umgedrehter" zynischer antiwestlicher Polemiker sprach er im Zuge der neusten Flüchtlingskrise an der belaruss.-poln. Grenze an einer Pressekonferenz im Nov. 2021 mit seinem russ. Amtskollegen Sergej Lavrov von Erpressung der Republik Belaru durch den Westen u. behauptete, die neuste Migrationskrise an der belaruss. Grenze sei vom Westen provoziert worden, obwohl sie von Lukashenko u. vermutlich mit der Billigung Moskaus eingefädelt worden war.)

MILINKEVICH, Aleksandr Vladimirovich  II III IV (wruss. MILINKEVICH, Aljaksandr Uladzimiravich, belaruss. Politiker u. Physiker, bekannt als Historiker u. Regionalwissenschaftler. Ehem. Vizebürgermeister der Stadt Grodno / Hrodna, ehem. Vorsitzender der NGO "Ratusha“ in Grodno, die von der Regierung 2003 verboten wurde. Seit 2003 ist er Programmleiter der "Stiftung zur Förderung der regionalen Entwicklung". Milinkevich studierte an der Universität Montpellier, Frankreich, u. der University of California, USA u.in Polen Probleme der kommunalen Selbstverwaltung, des Staatsaufbaus, der Wirtschaftsreformen u. Menschenrechte sowie moderne Bildungsmethoden in GB u. Sport in Kanada, absolvierte ein Senior Management Training am European Center for Security Problems in Deutschland, genoss eine Ausbildung in Institutionen der EU in B, NL, F. 2001 leitete Milinkevich die Wahlkampagne des Präsidentschaftskandidaten der vereinigten Opposition Semjon Domasch. Im Herbst 2004 kandidierte Milinkevich für die Wahlen zum Abgeordnetenhaus in einem der Bezirke des Gebiets Grodno, verlor aber gegen einen der Mitarbeiter von s. Aleksandr Lukashenko. Beobachter aus westeuropäischen Ländern stellten fest, dass die Behörden bei der Abstimmung massive Fälschungen begangen u. gegen das Gesetz verstossen haben. Im Okt. 2005 nominierten die belaruss. Oppositionsparteien Milinkevich zu ihrem gemeinsamen Kandidaten für die Präsidentschaftswahl 2006 nominiert. Mit 6,12% bzw. 405´486 Wählerstimmen verlor er die Wahl gegen den amtierenden Staatsschef Lukashenko. s. Sergej Gajdukevich kritisierte während einer Online-Konferenz auf der Website von "Radio Liberty" im Jan. 2006 die Nominierung Milinkevichs, dass dieser Präsidentschaftskandidat der vereinten demokrat. Opposition „sehr schwach u. unbekannt" u. ein „Aussenseiter“ des Wahlrennens" sei. 2006-16 führte er die Bewegung "Für Freiheit" u. organisierte er die jährliche Vasil Bykaŭ-Preisverleihung "Für Gedankenfreiheit“. Ende April 2006 wurde Milinkevich wegen "Aufrufs zu zivilem Ungehorsam“ nach einer Grosskundgebung der Opposition zum 20. Jahrestag der Katastrophe von Tschernobyl festgenommen u. zu 15 Tagen Haft verurteilt. Er selbst sprach von einem polit. motivierten Verfahren. Im Jan. 2008 gab Milinkevich bekannt, bei den nächsten Präsidentschaftswahlen 2010 antreten zu wollen. In geschlossenen Vorwahl-Umfragen, die von Juni bis Sept. durchgeführt wurden, lag Milinkevchs Bewertung zwischen 9,9 u. 12,1%, aber in offenen Umfragen betrug der Prozentsatz nur 5,4-6,2%. Er zog seine Kandidatur zurück u. unterstützte andere Kandidaten, deren jeweiligen Initiativgruppen er beitrat. Als Grund für den Rückzug wurde der Mangel an Einheit in der Opposition sowie die Unvollkommenheit der Wahlgesetzgebung, die eine freie u. faire Wahl nicht zuliess, genannt. 2012 wurde Milinkevich die Zulassung als Kandidat für das Repräsentantenhaus der Nationalversammlung der Republik Belarus verweigert. 2014 kündigte er seine mögliche Teilnahme an der Präsidentschaftswahl von 2015 an, obwohl er zuvor erklärt hatte, dass besser ein junger Politiker zur Wahl gehen sollte. Im April 2015 verzichtete er offiziell, an der Wahl teilzunehmen u. einen der Kandidaten zu unterstützen. Autor von zahlreichen wissenschaftli. Arbeiten u. Monographien zur Quantenelektronik, Lasertechnologie sowie zur Geschichte, Kultur, Bildung u. Architektur Weissrusslands. 2017 registrierte er zusammen mit s. Svetlana Aleksievich u. anderen bekannten Persönlichkeiten in Warschau die Stiftung "Freie Belaruss. Universität", deren Kanzler er ist. Im Aug. 2019 fanden jedoch keine Schulungsprogramme der Stiftung statt. 2021 schätze Milinkevich die Unterstützung des Lukashenko-Regimes in der belaruss. Bevölkerung auf nicht mehr als 20%, dies seien Leute, die keine Veränderungen wollten, das seien hauptsächlich Mitglieder der Nomenklatura u. Siloviki, während etwa 30% schwankten.)

MONITCH, Nikita II III IV V VI VII (belaruss. Kunstwissenschaftler, ehem. wissenschaftl. Mitarbeiter des Nationalen Kunstmuseums in Minsk, bekannter Museumsführer aus der Minsker Hipster-Szene. Im Juli 2020 verlor er seine Stelle im Museum, weil er ein Lukashenko-kritisches Gedicht auf Facebook veröffentlicht hatte, nachdem im belaruss. TV über die Beschlagnahmung von Gemälden, die der "Belgazprombank" gehörte u. auch das Bild "Eva“ von Chaim Soutine umfasste, das zum Symbol des belaruss. Widerstands wurde. Nastja Grishanova war die Erfinderin des Hashtags #evalution. Die Schauspielerin Julija Shevchuk kreierte eine Version der "Eva" für ein T-Shirt. S. auch Buch von O. Shparaga, S. 25. II)

NEKLJAEV, Vladimir Prokofevich II III IV (wruss. NJAKLJAEŬ, Uladzimir Prakopavich, belaruss. Dichter, Prosaschriftsteller, Träger einer Reihe von Fach- und Staatspreisen für literarische Tätigkeit, Oppositioneller. Njakljaeŭ war einer der Gründer des belaruss. PEN-Zentrums, das im Nov. 1989 zusammen mit Vasil Bykaŭ, Rygor Borodulin, Ales Rjazanov, Carlos Sherman u.a. errichtet wurde. 2005 zum Leiter des PEN-Zentrums gewählt u. schied im April 2009 freiwillig aus diesem Amt aus. Andrej Khadanovich wurde sein Nachfolger. Im Feb. 2010 wurde Njakljaeŭ Initiator u. Leiter der öffentl. Kampagne "Sag die Wahrheit“, um, so Njakljaeŭ, der überfälligen Forderung der belaruss. Gesellschaft nach wahrheitsgemässen Informationen über die Lage im Land gerecht zu werden, die die Behörden beschönigen, Informationen verbergen oder offen lügen. Im Mai 2010 wurde Njakljaeŭ zusammen mit 2 Dutzend anderen Aktivisten der Kampagne "Sag die Wahrheit" verhaftet u. nach einigen Tagen freigelassen. Eine Reihe von belaruss. u. internationalen Organisationen, Politikern u. Kulturschaffenden protestierten gegen die Verfolgung von Njakljaeŭ u. seinen Mitstreitern. Im Aug. wurden die Zwischenergebnisse der Kampagne zusammengefasst. Auf einer Pressekonferenz teilten die Organisatoren mit, dass seit Beginn der Kampagne etwa 80 Aktionen in 33 Städten u. Dörfern des Landes stattgefunden hätten u. 55 Tsd. Unterschriften gesammelt worden seien. Die Kampagne "Sag die Wahrheit“ wurde von einer Reihe belaruss. Politikwissenschaftler positiv bewertet. Anfang Sept. 2010 kündigte Njakljaeŭ im Radiosender "Ekho Moskvy" seine Absicht an, sich für die Präsidentschaft von Belarus bei den bevorstehenden Wahlen im Dez. 2010 zu bewerben. Die ZWK der Republik Belarus registrierte eine Initiativgruppe zu seiner Nominierung als Präsidentschaftskandidat. Im Nov. sagte Präsident s. Aleksandr Lukashenko in einem Interview mit der französ. Zeitung Le Figaro, er habe Fakten über die Finanzierung Njakljaeŭs durch Russland. Nach offiziellen Angaben, die die Opposition u. Njakljaeŭ selbst als gefälscht bezeichneten, erhielt der Kandidat 1,78% der Stimmen. Am 19. Dez., am Abend des Wahltags, kurz vor Beginn der Kundgebung der Opposition auf dem Oktober-Platz in Minsk, wurde Njakljaeŭ von Beamten der Sondereinheit der Polizei zusammengeschlagen, festgenommen u. in ernstem Zustand ins Krankenhaus gebracht. In der Nacht  wurde Njakljaeŭ von Polizisten aus dem Krankenhaus weggebracht u. in die Untersuchungshaftanstalt des KGB gebracht, wo ihn ein Anwalt vorläufig nicht sehen durfte. Am 29. Dez. 2010 wurde Njakljaeŭ nach Art. 293 StGB der Republik Belarus wegen "Organisation von Unruhen" angeklagt. Die Strafe nach diesem Artikel konnte zwischen 5 u. 15 Jahren Gefängnis betragen. In diesem Gerichtsfall wurden 54 Personen angeklagt u. verdächtigt, darunter der Leiter der Wahlkampfzentrale von Njakljaeŭ, Andrej Dmitriev, u.a. Die Verhaftung Njakljaeŭs u.a. polit. Aktivisten löste Proteste ausserhalb des Landes aus. Im Jan. 2011 erkannte Amnesty International Nyaklyaeŭ als gewaltlosen polit. Gefangenen an. Der Fall Njakljaeŭ wurde im finnischen Parlament erörtert. Finnland erklärte sich bereit, Njakljaeŭ u.a. belaruss. polit. Gefangenen Asyl zu gewähren. Gleichzeitig lief gegen Njakljaeŭ eine Diffamierungskampagne. Im Jan. 2011 veröffentlichte die Zeitung Belarus segodnja, die der Präsidialverwaltung der Republik Belarus gehört, einen anonymen Artikel, in dem Njakljaeŭ als „ehem. Alkoholiker“ bezeichnet u. der Zusammenarbeit mit „ausländ. Geheimdiensten“ beschuldigt wurde. Ende Jan. wurde Njakljaeŭ aus dem Untersuchungsgefängnis entlassen u. unter dem Schutz zweier KGB-Beamter unter Hausarrest gestellt. Ende März wurde die Anklage in Art. 342 StGB wegen "Organisation u. Vorbereitung von Aktionen oder aktiver Teilnahme daran, die die öffentl. Ordnung grob verletzen,“ umgewandelt. Die Strafe nach diesem Artikel sieht eine Geldstrafe bzw. eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren vor. Im Mai 2011 verurteilte das Gericht Njakljaeŭ und s. Vitalij Rymashevskij zu 2 Jahren Haft mit einer Bewährung von 2 Jahren. Das Urteil wurde beim Stadtgericht Minsk angefochten, aber bestätigt. US-Präsident Barack Obama verurteilte die gegen Njakljaeŭ u.a. Vertreter der belaruss. Opposition verhängten Urteile u. erklärte, dass die USA sie als polit. Gefangene betrachteten. Gleichzeitig wurde ein Strafverfahren wegen der Verprügelung Njakljaeŭs durch Unbekannte am Abend des 19. Dez. 2010 nie eröffnet. Die Staatsanwaltschaft begründete die Weigerung, auf Antrag Njakljaeŭs ein Strafverfahren einzuleiten, damit, dass dieser Vorfall bereits im Rahmen der Massenunruhen untersucht werde. Nach seiner Haftentlassung setzte Njakljaeŭ seine gesellschaftl. u. polit. Aktivitäten im Rahmen der Kampagne "Sag die Wahrheit" fort. 2015 hatte Njakljaeŭ laut einer März-Umfrage des unabhängigen litauischen Instituts für sozioökonom. u. polit. Forschung die höchste Bewertung unter belaruss. Oppositionspolitikern erhalten, nämlich 7,6%-9,4%. Im April 2015 kündigte Njakljaeŭ seinen Rückzug aus der Oppositionsbewegung an u. begründete dies mit den ineffizienten Verhandlungen über die Nominierung eines neuen Kandidaten für die nächste Präsidentschaftswahl u. die Festlegung eines gemeinsamen Programms. 2016 beteiligte er sich aktiv an den Protesten einzelner Unternehmer u. 2017 an Protesten gegen das "Dekret Nr. 3". Im Mai 2019 zog er nach Schweden.)

POZNJAK, Zenon Stanislavovich II III IV V VII VIII IX X XI XII (wruss. PAZNJAK, Zjanon, belaruss. Politiker, leitet die Konservativ-Christliche Partei BND aus der US-amerikan. Emigration, in die er sich 1996 begab. Seine Absicht, an der Präsidentenwahl 2006 in Belarus teilzunehmen, scheiterte, da er sich weigerte, die verlangte Anzahl von Unterschriften einzureichen, die für seine Kandidatur notwendig gewesen wäre.)

PROTASEVICH, Roman Dmitrievich II III IV V VI VII VIII IX X (wruss. PRATASEVICH, Raman Dzmitrievich, belaruss. Journalist, Blogger u. polit. Aktivist, ehem. Chefredaktor des Telegram-Kanals NEXTA. Protasevich nahm seit Anfang der 2010er Jahre an Protesten der Opposition in Belarus teil. Im Juli 2011 wurde er in Minsk verhaftet, weil er an Kundgebungen des "stillen" Protests teilgenommen hatte. Seit Herbst 2011 war er Mitglied der "Jungen Front" u. bis 2012 einer der Administratoren einer grossen Oppositionsgruppe im sozialen Netzwerk Vkontakte. Er trat in die Fakultät für Journalismus der Belaruss. Staatl. Universität ein, wurde jedoch bald von dort verwiesen. Protasevich war als Journalist in der Kriegszone des Donbass tätig, wo er über die Kampfhandlungen von ukrain. Seite berichtete u. verwundet wurde. In offenen Quellen fand sich jedoch keine einzige Reportage oder andere Veröffentlichung von Protasevich, die sich mit dem Krieg in der Ukraine befasste. Nach seiner Verhaftung erschienen Berichte über seine Beteiligung an den Militäroperationen des berüchtigten "Asov"-Bataillons. Sein Vater sagte in einem Interview, dass bereits 2014 Verfahren gegen seinen Sohn eröffnet worden seien, als er „auf dem Territorium des Donbass war u. an der Seite der ukrain. Armee kämpfte“. Später bestritt Protasevichs Vater diese Aussage. Laut dem Chef des KGB von Belarus Ivan Tertel „entspricht Protasevich voll u. ganz der Definition eines Terroristen, Militanten, Söldners, Teilnehmers an blutigen Ereignissen im Rahmen des berüchtigten "Asov"-Bataillons, das mit den Gräueltaten u. dem Tod von Zivilisten in der Südostukraine verbunden ist" Tertel verwies auf die Untersuchungsdaten u. „in den Medien präsentierten Tatsachen mit persönl. Geständnissen von Protasevich". Quelle für die nicht-journalist. Aktivitäten Protasevichs sind auch seine Fotografien bei der Parade des "Asov"-Bataillons in Mariupol, die 2015 in den offiziellen Konten dieses Bataillons od. Regiments veröffentlicht wurden. In einem Interview mit dem weissruss. Sender ONT vom 3. Juni 2021 bestätigte Protasevich, dass er ein Interview als Kämpfer mit dem Rufzeichen "Kim" gegeben habe, bekräftigte jedoch, dass er trotz Erhalts eines regulären Maschinengewehrs nicht an Kampfhandlungen teilgenommen habe. Seine Worte aus einem Interview im Jahr 2015 über die Teilnahme an Kampfhandlungen bezeichnete er als falsch. Nach der Entführung u. Festnahme Protasevichs im Mai 2021 auf dem Flughafen Minsk warfen Vertreter der selbsternannten DVR u. LPR dem Weissrussen vor, in der Ostukraine Verbrechen gegen Zivilisten begangen zu haben.
Protasevich arbeitete als Journalist für eine Reihe belaruss. Medien wie tut.by, onliner.by, Euroradio, für die belaruss. Ausgaben von Komsomolskaja pravda u. Radio Svaboda, u.a., spezialisierte sich auf Fotojournalismus u. war als Fotograf von Eurapejskae Radyjo dlja Belarusi tätig. Als akkreditierter Fotograf machte er mindestens ein Foto von s. Aleksandr Lukashenko bei den European Games 2019 in Minsk. Er berichtete oft von Protestaktionen, auch in den Regionen. Neben Fotoreportagen engagierte er sich auch im Videojournalismus. Ende 2019 reiste er nach Polen aus, wo er am 22. Jan. 2020 unter Berufung auf die Verfolgung durch die belaruss. Behörden Asyl beantragte. Seine Eltern zogen zu ihm nach Polen um. Ab 2020 betrieb Protasevich zusammen mit seinem Schöpfer s. Stepan Putilo den Telegram-Kanal NEXTA. Im Aug. 2020 wurde NEXTA in der Zeit massiver Internetausfälle in den ersten Tagen nach der Präsidentschaftswahl vom 9. Aug. 2020 zu einer der grössten Informationsquellen. Nach und nach begann der Sender, die Aktionen der Demonstranten zu koordinieren. Bis zum 29. Sept. 2020 war Protasevich Chefredaktor der Telegram-Kanäle NEXTA u. NEXTA Live.
Polit.-rechtl. Verfolgung: Am 5. Nov. 2020 wurden Protasevich u. Putilo in Abwesenheit nach drei Artikeln des StGB der Republik Belarus angeklagt: nach Art. 293 wegen "Organisation von Massenunruhen", nach Art. 342 wegen "Organisation von Aktionen, die die öffentl. Ordnung grob verletzen"m u. nach Art. 130, Teil 3 wegen "Anstiftung zur sozialen Feindseligkeit". Am 19. Nov. 2020 setzte der KGB von Belarus Protasevich u. Putilo auf ihre Terroristenliste. Die Presse wies darauf hin, dass Protasevich im Falle einer Inhaftierung mit der Todesstrafe zu rechnen hätte. Ende 2020 zog Protasevich nach Vilnius in Litauen. Am 4. Mai 2021 unterzeichnete Lukashenko ein Dekret, wonach die militär. Titel von Sicherheitsbeamten aberkannt wurden, die die Proteste von 2020 unterstützten. Davon betrofffen war auch Protasevichs Vater Dmitrij Protasevich, ein Reserve-Oberstleutnant u. langjähriger Teilnehmer an Paraden des 9. Mai, der mit einer Medaille für 29 Jahre tadellosen Dienst ausgezeichnet wurde.
Entführung auf dem Flug Athen-Vilnius im Mai 2021:
Am 23. Mai 2021 flogen Protasevich u. seine Begleiterin Sofija Sapega, eine Studentin u. russ. Staatsangehörige, mit Ryanair von Athen nach Vilnius. In Griechenland nahmen sie an einem Wirtschaftsforum teil, wo auch s. Svetlana Tikhanovskaja anwesend war, u. machten anschliessend Urlaub auf Zypern. Vor seiner Abreise aus Griechenland bemerkte Protasevich, dass man ihn am Flughafen Athen verfolgte. Nach Sichtung der Aufzeichnungen von Überwachungskameras in Hotels u. am Flughafen bestätigte das griech. Innenministerium, dass Protasevich u. seine Begleiterin Sofija Sapega in der Tat von mind. 3 Geheimdienstleuten mit russ. Pässen, die in weissruss. Diensten standen, observiert wurden. Während des Fluges erhielt die FR4978 der irischen Fluggesellschaft Ryanair, die mit Protasevich u. Sapega an Bord von Athen nach Vilnius flog, über belaruss. Flugraum eine Nachricht über die Existenz einer Bombe an Bord u. über eine drohende Explosion; die Maschine wurde unverzüglich auf den Minsker Nationalflughafen umgeleitet, wo sie landete. Zunächst berichtete die staatl. Behörde BelTA, dass die Initiative zur vorzeitigen Landung von den Piloten ausgegangen sei, später sagte ein Ryanair-Vertreter jedoch, dass der Kurs des Flugzeugs auf Anweisung der belaruss. Flugsicherungszentrale geändert wurde. Dabei soll Präsident Lukashenko persönlich den Befehl zur Übernahme des Flugzeugs gegeben haben, das von einem belaruss. Kampfflugzeug des Typs MiG-29 nach Minsk eskortiert wurde. Nach der Landung wurden Roman Protasevich u. seine Begleiterin von den belaruss. Behörden festgenommen. Am 24. Mai veröffentlichte der belaruss. regierungsnahe Telegram-Kanal „Zhjoltye slivy“ ein Video mit dem Appell Roman Protasevichs aus dem Minsker Untersuchungsgefängnis, in dem er sagte, dass er bei den Ermittlungen kooperiere u. Geständnisse in Bezug auf die Organisation von Massenveranstaltungen u. Unruhen in Minsk abgebe. Protasevichs Vater sagte über das seltsame Verhalten u. Aussehen seines Sohnes aus u. äusserte die Vermutung, dass auf ihn psychischer u. physischer Druck ausgeübt wurde, einschliess. Anwendung von Folter. Am 24. Mai 2021 wurde Protasevich durch eine gemeinsame Erklärung von 9 Organisationen, darunter des belaruss. Menschenrechtszentrums "Vjasna", des belaruss. Journalistenverbandes, des belaruss. Helsinki-Komitees u. des belaruss. PEN-Zentrums als polit. Gefangener anerkannt. Am 25. Mai erklärte  die von Protasevichs Angehörigen beauftragte Anwältin Inessa Olenskaja, dass sie ihren Klienten noch nie besuchen konnte, da ihr der Zugang zu ihm verweigert wurde. Daher reichte Olenskaja am 27. Mai bei der Generalstaatsanwaltschaft der Republik Belarus eine Beschwerde ein u. beantragte eine ärztliche Untersuchung des Klienten. In einem Gespräch mit dem Chef von ONT, Marat Markov, sagte Protasevich am 3. Juni, er gebe die Schuld an der Organisation der Unruhen in Minsk im Aug. 2020 zu, kritisierte insbesondere eine Reihe von Vertretern der belaruss. Opposition u. sagte, dass die Landung von Flug FR4978 in Minsk das Ergebnis von Provokationen des Mitarbeiters des Hauptquartiers von s. Svetlana Tikhanovskaja, Daniil Bogdanovich, gewesen sei, u. sagte auch, dass er Aleksandr Lukashenko respektiere u. nannte ihn „einen Mann mit Eiern aus Stahl". Journalisten sowie Protasevichs Familie u. Mitarbeiter machten auf die Verletzungen an den Handgelenken des Gefangenen aufmerksam, möglicherweise gab es Folterspuren an dem inhaftierten Oppositionellen u. damit Beweise für Protasevichs Zwang zu Interviews u. zu einem Schuldgeständnis. Amnesty International betrachtete den Vorfall als Beispiel grausamer u. erniedrigender Behandlung. Am 14. Juni sagte Roman Protasevich bei einem Briefing des belaruss. Aussenministeriums, er verstehe seine Eltern, die sich als unwissentliche Geiseln der polnischen Behörden erwiesen hätten, u. forderte sie auf, nach Minsk zurückzukehren. Am 25. Ju
ni 2021 berichteten Angehörige von Sofija Sapega u. Roman Protasevich, dass die Häftlinge in den Hausarrest verlegt worden seien u. dass sie in einer rund um die Uhr bewachten Wohnung lebten. Der Vorfall sorgte für grosse internationale mediale Aufmerksamkeit u. einen diplomatEklat. Als Sanktion gegen Belarus sperrte die EU den Luftraum für Belarus, für ihre Flugzeuge u. verweigerte der Fluggesellschaft Belavia Landungen im EU-Raum, während die EU-Agentur für Luftsicherheit EASA allen europäischen Fluggesellschaften empfahl, Belarus zu umfliegen. Als Reaktion auf den Vorfall entzog die Nationale Taras-Schewtschenko-Universität in Kiev  am 7. Juni 2021 Aleksandr Lukashenko den Ehrendoktortitel der Wissenschaften aufgrund der Verhaftung Roman Protasevichs. Anfang Mai 2023 wurde Protasevich in Belarus zu 8 Jahren Haft verurteilt.)

PUTILO, Stepan Aleksandrovich II III IV (wruss. PUTILA, Scjapan Aljaksandravich, belaruss. Journalist, Blogger, Regisseur, TV-Moderator, Autor u. Schöpfer von NEXTA-Kanälen unter Telegram zu gesellschaftl. u. polit. Themen. Die Gesamtzahl der Abonnenten in allen sozialen Netzwerken beträgt mehr als 4 Mln., davon mehr als 532 Tsd. auf YouTube u. mehr als 2,7 Mln. auf Telegram-Kanälen. Der Telegram-Kanal NEXTA Live ist oder war der sechstbeliebteste aller russischsprachigen Kanäle. Putilo absolvierte das belaruss. Humanitäre "Jakub Kolas"-Lyzeum, dem in Belarus der Status einer offiziellen Bildungseinrichtung entzogen wurde. Dort veröffentlichte er mehrere Ausgaben der Kult-Zeitung Trykutnik. Putilo lebt derzeit in Polen, wo er an der Schlesischen Universität mit einem Abschluss in Film- u. Fernsehproduktionsorganisation studierte u. von Herbst 2018 bis Ende Juni 2020 die belarussischsprachige Infotainment-Sendung „Sub'ektyk“ auf dem Fernsehsender Belsat führte. In seinen Publikationen berührt er die Themen Machtmissbrauch, Eigenwille von Staatsbeamten, Strafverfolgungsbehörden u. behandelt regelmässig Ereignisse aus dem Leben der Weissrussen. Im März 2019 erhielt er den "Viktor Ivashkevich National Prize for the Protection of Human Rights". Seine öffentl. Aktivitäten begann Putilo im Okt. 2015 mit der Einrichtung des NEXTA-Kanals auf  YouTube. Das erste Video auf dem Kanal das Lied "Es gibt keine Wahl" war zeitlich auf die nächsten Präsidentschaftswahlen in Belarus abgestimmt u. forderte die Menschen auf, diese wegen möglicher Fälschung der Ergebnisse zu boykottieren. Die Sonderdienste interessierten sich in der Folge für die Persönlichkeit des Bloggers: Sie kamen auch in seine ehem. Schule, um herauszufinden, wer er war u. woher er kam. Das beliebteste Video des Autors "Die Todesstrafe erwartet sie" erhielt 5,3 Mln. Aufrufe. 2017 nahm Putilo an mehreren Protesten teil, u.a. am "Marsch der wütenden Weissrussen“ vom 17. Feb., den er in die damals beliebte Periscope-Video-App live übertrug. Anschliessend veröffentlichte er auf seinem YouTube-Kanal mehrere Videos zum Thema Proteste in Belarus sowie das Lied "Dekret“ über das Dekret "zur Verhütung sozialer Abhängigkeit," d.h- über den Kampf des Staates gegen das Schmarotzertum bzw. den Parasitismus in der Gesellschaft. 2017 sammelte er fast 5000 Unterschriften zur Unterstützung der Legalisierung oder zumindest Entkriminalisierung von Marihuana in Belarus u. schickte sie an das Repräsentantenhaus der Nationalversammlung der Republik Belarus, wo damals die Möglichkeit bestand, eine Änderung der StGB-Artikel über den Konsum weicher Drogen in Betracht zu ziehen. Im Feb. 2018 wurde versucht, ein Strafverfahren gegen Putilo nach Art. 368 StGB der Republik Belarus wegen "Beleidigung des Präsidenten“ in Videos auf YouTube zu eröffnen: Eine unbekannte Bürgerin, die sich u.a. über das Wort „Lukasherlok“ aufgeregt hatte, das im Titel eines der Videos auf YouTube verwendet wurde, schrieb eine Erklärung an die Polizei mit der Bitte um Überprüfung. Beim Blogger, der sich während der Durchsuchung bereits in Polen aufhielt, wurden ein alter Laptop u. eine Videokamera sichergestellt. Das Ergebnis der durchgeführten "Kontrolle“ wurde erst nach 9 Monaten bekannt: Im Nov. 2018 verzichtete die Polizei, ein Strafverfahren gegen Putilo einzuleiten u. berichtete, dass es gegenüber dem Blogger keine Beschränkungen beim Überschreiten der Staatsgrenze gebe. Trotzdem verzichtete Putilo, nach Belarus zurückzukehren, da er eine Verfolgung durch die derzeitige Regierung befürchtete. Seit Herbst 2018 betreibt er den NEXTA-Kanal im Telegram-Messenger. NEXTA berichtete ausführlich über die Proteste in Belarus vom Sommer/Herbst 2020. Im Aug. 2020 nach den Präsidentschaftswahl vom 9. Aug. wurde der NEXTA-Kanal zu einem der beliebtesten Telegram-Kanäle der Welt. Stepan Putilo wurde von den belaruss. Behörden im Rahmen eines Strafverfahrens wegen "Organisation von Massenunruhen" auf die internationale Fahndungsliste gesetzt. Seit Okt. 2020 veröffentlicht er auf dem YouTube-Kanal von NEXTA Interviews mit Persönlichkeiten des öffentl. Lebens u. aus der Politik. Zu den ersten Teilnehmern gehörten Maksim Katz, Ilja Varlamov u. Aleksej Navalnyj. Seine Sicht der Dinge in Belarus gab der talentierte Blogger in einem Interview mit der "Deutschen Welle" vom 19.12.2020 zum Besten.)

RYMASHEVSKIJ, Vitalij Anatolevich II III IV V VI VII VIII IX (wruss. RYMASHEŬSKI, Vital Anatolevich, belaruss. Berufs- u. Oppositionspolitiker set 1996, Co-Vorsitzender der nicht registrierten Partei "Belaruss. Christdemokratie" BCD, für die er sich seit 2005 engagiert. In der Partei leitet er die Arbeit der Bildungsabteilung, betreut die Arbeit der Jugendorganisation "Junge Christdemokraten" u. der internationalen Abteilung des BCD, ist Chef der Minsker Organisation des BCD u. Mitglied des Koordinationsrats des belaruss. Verbandes junger Politiker. War Mitglied des Präsidiums der belaruss. Nationalen Rada der öffentl. Jugend- u. Kinderorganisationen u. einer der Entwickler des Konzepts einer neuen Jugendpolitik in Belarus. Ende Okt. 2009 wurde Rymashevskij auf dem BCD-Kongress als Präsidentschaftskandidat der belaruss. Christdemokratie bei der Präsidentschaftswahl 2010 in der Republik Belarus nominiert. Nach der ersten Grossdemonstration, die Regierungsgegner am 24. Nov. 2010 in Minsk organisierten, drohte Rymashevskij der Ausschluss von der Wahl. Wegen seiner Teilnahme an der Demonstration wurde er von der Staatsanwaltschaft verwarnt, durfte aber letztlich doch an der Wahl teilnehmen. Er hatte über 115 Tsd. Unterschriften für seine Nominierung gesammelt, von denen 105 Tsd. bei der Zentralen Wahlkommissionen eingereicht, wovon etwa 103 Tsd. als gültig anerkannt wurden. Nach den Ergebnissen der Präsidentschaftswahl vom 19. Dez. 2010 erhielt Rymashevskij 1,09% der Stimmen bzw. 70515 Stimmen u. erreichte den 6. Platz. In der Nacht vom 19. auf den 20. Dez. 2010 wurde er festgenommen, nachdem die Behörden eine Kundgebung gegen die Fälschung der Ergebnisse der Präsidentschaftswahl aufgelöst hatten. Am 20. Mai 2011 sprach das Bezirksgericht Frunzenskij in Minsk Rymashevskij und s. Vladimir Nekljaev zu 2 Jahren Haft nach Art. 342 des StGB der Republik Belarus wegen "Organisation von Gruppenaktionen, die gegen die öffentl. Ordnung verstossen, bzw. wegen aktiver Teilnahme an ihnen" u. wurde zu einer Bewährungsstrafe von 2 Jahren verurteilt. Als er an einem Protest gegen die Ergebnisse der Parlamentswahlen 2016 in Belarus teilnahmen, die am 12. Sept. 2016 stattfanden, wurde er zu einer Geldstrafe von 840 belaruss. Rubel verurteilt. Während der Proteste in Weissrussland vom Sommer 2020 wurde er Mitglied des "Koordinierungsrates zur Organisation des Prozesses zur Überwindung der polit. Krise“.  Einer der Leiter der Kampagne "Zur Verteidigung der Gewissens- u. Religionsfreiheit in Weissrussland“, in deren Rahmen mehr als 50 Tsd. Unterschriften zur Verteidigung der Christen gesammelt wurden. S. auch Buch v. O. Shparaga., S. 204. Im Jan. 2023 leitete das Lukashenko-Regime gegen Svetlana Tichanovskaja einen Prozess in Abwesenheit wegen Hochverrats ein.)

SAJAPINA, Nadja (belaruss. Performance-Künstlern u. Autorin. Im Juli 2020 führte sie in der Galerie "Art-Belarus" eine Aufführung durch, nachdem die Gemälde der "Pariser Sammlung" der "Belgazprombank" aus ihr entfernt worden waren. Nach 2 Monaten wurde Sajapina von der Polizei in ihrer Wohnung festgenommen u. nach Art. 23.34 des Verwaltungsgesetzbuchs zu einer 15-tägigen Verwaltungshaft verurteilt. Im Sept. wurde Sajapina ins Gefängnis von Zhodino überführt, wo sie 12 Tage festgehalten u. nach Ablauf der Haftfrist freigelassen wurde. S. auch Buch von O. Shparaga, S. 25.)

SANNIKOV / SANNIKAU, Andrej Olegovich / Alegavich II III IV V VIa VIb VIc (belaruss. Ex-Diplomat u. Oppositionsaktivist, Mitgründer der Bewegung "Europäisches Belarus".) 02.24

TIKHANOVSKAJA-PILIPCHUK, Svetlana Georgievna II III IV V VI VII VIII IX X XI XII XIII   XIV XV XVI XVII XVIII XIX XX XXI XXII XXIII XXIV XXV (wruss. CIKHANOŬSKAJA, Svjatlana, belaruss. Politikerin, Oppositionsführerin im Exil, ehem. Präsidentschaftskandidatin der Republik Belarus bei den Wahlen 2020 u. vermutlich gewählte Kandidatin. Nachdem sich die Zentrale Wahlkommission ZWK von Belarus am 15. Mai 2020 geweigert hatte, ihren Ehemann s. Sergej Tikhanovskij als Kandidaten für die Präsidentschaftswahl 2020 in Belarus anzuerkennen, weil er unter Arrest stand, beschloss seine Ehefrau Svetlana Tikhanovskaja, an seiner Stelle die Leitung des Wahlkampfteams zu übernehmen. Am 20. Mai wurde die Initiativgruppe von Svetlana Tikhanovskaja von der ZWK registriert. Tikhanovskaja wurde unterstützt von s. Veronika Tsepkalo, der Ehefrau u. Wahlkampfmitarbeiterin des ebenfalls nicht zur Wahl zugelassenen s. Valerij Tsepkalo, u. von s. Marija Kalesnikova, der Koordinatorin des Wahlkampfteams des festgenommenen Präsidentschaftskandidaten s. Viktor Babariko. Am 20. Mai wurde Tikhanovskajas Initiativgruppe von  von der ZWK registriert, während ihr Ehemann 2 Tage zuvor inhaftiert wurde. Am 16. Juni erhielt Tikhanovskaja einen Anruf mit Drohungen u. Forderungen, die Nominierungskampagne zu beenden, aber Tikhanovskaja kündigte an, weiterhin an der Wahlkampage teilnehmen zu wollen. Am 19. Juni endete die Unterschriftensammlung – als Ergebnis brachte Tikhanovskaja etwa 146 Tsd. Unterschriften zusammen. Am 14. Juli wurde Tikhanovskaja auf einer Sitzung der ZWK als Präsidentschaftskandidatin zugelassen. Am 16. Juli vereinbarten die Vertreter des Hauptquartiers von Tikhanovskaja, Viktor Babariko u. Valerij Tsepkalo, sich als Team zu vereinen, wobei Tikhanovskaja als offizielle Präsidentschaftskandidatin des Teams nominiert wurde. Am 20. Juli trat Tikhanovskaja erstmals im Staatsradio auf u. erklärte, eines der Motive für ihre Teilnahme an der Präsidentschaftswahl sei die Inhaftierung ihres Mannes Sergej Tikhanovskij. Am 21. u. 28. Juli erschien Tikhanovskaja im nationalen Fernsehsender "Belarus 1“. Am 27. Juli wurde das Wahlprogramm von Tikhanovskaja veröffentlicht. Darin versprach die Kandidatin, im Falle ihrer Wahl innerhalb von 6 Monaten demokrat. Neuwahlen de Staatspräsidenten  abhalten lassen zu wollen, ein Referendum über die Restitution der Verfassung von 1994 von Belarus zu organisieren, die Befugnisse des Staatsoberhaupts zu reduzieren, die Zahl der Amtszeiten des Präsidenten zu begrenzen u. sich für die Wahrung der Gewaltenteilung einzusetzen. Ausserdem sei vorgesehen sie, neue Parlamentswahlen abzuhalten, die Befugnisse der kommunalen Selbstverwaltung u. der Regierungsorgane auszuweiten, Hindernisse für die Entwicklung kleiner u. mittlerer Unternehmen abzubauen, ihnen zinslose Kredite zu gewähren u. unrentable Staatsunternehmen zu unterstützen. Tikhanovskaja wich der Frage aus, ob Belarus eine tiefere Integration mit Russland brauche, u. verwies darauf, dass sie nicht vorhabe, eine ständige Präsidentin zu werden. Am 30. Juli wurde im Park der Völkerfreundschaft in Minsk eine offizielle Mahnwache der Kandidatin Tikhanovskaja aufgestellt, bei der sich nach verschiedenen Schätzungen 18-70 Tsd. Menschen versammelten u. die zur grössten Kundgebung in Belarus seit 1991 wurde. Am 6. Aug. störten die Minsker Behörden eine Kundgebung auf dem Bangalore-Platz. Nach der Inhaftierung von 2 ihrer wichtigsten Assistenten beschloss Tikhanovskaja am 8. Aug., ihre Wohnung zu verlassen, d.h.  die Nacht vor der Wahl aus Sicherheitsgründen nicht zu Hause zu verbringen. Am. 9. Aug. fand die Präsidentschaftswahl statt. Am 10. Aug. gab die ZWK von Belarus den Sieg von s. Aleksandr Lukashenko bekannt. Tikhanovskaja, die nach vorläufigen Angaben der ZWK 10,09% – in Minsk fast 15% – erhielt, war damit nicht einverstanden, forderte eine Neuauszählung der Stimmen u. reichte eine Beschwerde bei der ZWK ein. Laut ihren Anhängern u. einer Reihe von Analysten waren die Abstimmungsergebnisse gefälscht: Tatsächlich erhielt Tikhanovskaja deutlich mehr Stimmen als von den Behörden angegeben u. sollte als gewählte Präsidentin des Landes gelten oder zusammen mit A. Lukashenko in die 2. Runde gehen. Nach der Bekanntgabe der offiziellen Wahlergebnisse in Belarus begannen massenhafte Protestaktionen, die den ganzen Sommer hindurch andauerten u. an denen bis bzw. über 100 Tsd. Menschen, insbesondere auch viele Frauen, teilnahmen. Am 11. Aug. gab der litauische Aussenminister Linas Linkevièius überraschend bekannt, dass sich Tikhanovskaja in Litauen aufhalte. Wie ihre Vertraute s. Olga Kovalkova erklärte, wurde Tikhanovskaja von den belaruss. Behörden dazu gedrängt, Belarus unverzüglich zu verlassen. Vor ihrer Ausreise habe sie laut s. Marija Kolesnikova ein langes Gespräch mit 2 hochrangigen Vertretern der Strafverfolgungsbehörden im Büro der Vorsitzenden der ZWK, s. Lidija Ermoshina, geführt. Am selben Tag wurde in Belarus eine Videobotschaft Tikhanovskajas veröffentlicht, in der sie erklärte, dass „das Volk von Belarus seine Wahl getroffen hat", sich bei allen Mitbürgern bedankte, die sie unterstützt hatten, ihre Landsleute in Belarus aufforderte, nicht aufzugeben u. „der Polizei keinen Widerstand zu leisten u. sich keiner Lebensgefahr auszusetzen"; sie sagte auch, dass sie „die Entscheidung zur Flucht alleine getroffen" habe. Laut Kolesnikova wurde die Videobotschaft auf Druck der belaruss. Sicherheitsdienste aufgenommen. Der litauische Präsident Gitanas Nauseda war derselben Meinung. Am gleichen Tag gab der KGB der Republik Belarus bekannt, dass ein Anschlag auf Tikhanovskaja von Seiten von Anhängern der Opposition geplant gewesen sei, vermutlich eine unglaubwürdige Erklärung. Am 18. Aug. 2020 fand das erste Treffen des "Koordinierungsrats zur Organisation des Prozesses zur Überwindung der polit. Krise“, des auf Tikhanovskajas Vorschlag geschaffenen polit. Organs der Opposition gegen den autoritären Staatschef Aleksandr Lukashenko statt. Das Verfassungsgericht der Republik Belarus erklärte den Rat für illegal. Am 19. Aug. eröffnete die Generalstaatsanwaltschaft von Belarus ein Strafverfahren gegen seine Mitglieder, denen vorgeworfen wurde, öffentlich zur Eroberung der Staatsmacht aufgerufen u. Handlungen begangen zu haben, die der nationalen Sicherheit schadeten. Eine Reihe von Mitgliedern des Rats wurde festgenommen oder gezwungen, das Land auf Druck der Behörden zu verlassen, woraufhin begonnen wurde, die Demonstrationen der belaruss. Opposition.aus dem Ausland etwa über den Telegram-Kanal NEXTA zu koordinieren. Am 17. Aug. kündigte Tikhanovskaja ihre Bereitschaft an, nationale Führerin" Weissrusslands zu werden. Sie appellierte an den Europäischen Rat, die Staats- u. Regierungschefs der EU, die offiziellen Wahlergebnisse nicht anzuerkennen. Am 21. Aug. richtete Tikhanovskaja eine Videobotschaft an die Mitarbeiter grosser belaruss. Unternehmen, in der sie sie aufforderte, die Streikbewegung im ganzen Land auszuweiten. Ausserdem forderte sie die Behörden erneut auf, die Gewalt gegen die Demonstranten zu stppen, polit. Gefangene freizulassen u. transparente, freie u. faire Neuwahlen abzuhalten. Während der Massenproteste vom Sommer wurden Zehntausende ziviler Bürger von maskierten Sicherheitskräften des Lukashenko-Regimes verhaftet, in Gefängnisse verbracht, während der Aufstand selbst von ihnen mit mit brutalen Mitteln rigoros  niedergeschlagen wurde. Die EU-Staaten verhängten Sanktionen gegen das Lukashenko-Regime u. weigerten sich, Lukashenko als rechtmässigen Präsidenten des Landes anzuerkennen. Am 10. Sept. 2020 anerkannte der litauische Seimas Svetlana Tikhanovskaja als legitime Präsidentin von Belarus an, obwohl Tikhanovskaja sich selbst nicht als gewähltes Staatsoberhaupt von Belarus positionierte. Am 23. Sept. liess sich Lukashenko in einer zuvor nicht angekündigten Geheimaktion zum 6. Mal vor einem ausgewählten Publikum als Präsident von Belarus vereidigen. Im Präsidentenpalast in Minsk bezeichnete der 66-Jährige die Revolution in seinem Land feierlich als gescheitert. Im Sept.-Okt. hielt Tikhanovskaja eine Reihe von Treffen mit Führern europäischer Staaten, europäischen Abgeordneten u. Vertretern öffentlicher Organisationen ab. Am 6. Okt. wurde Tikhanovskaja in die Datenbank der gesuchten Personen des Innenministeriums Russlands eingespeichert. In einem Interview in Bratislava zeigte sich Tikhanovskaja unbeeindruckt u. wies darauf hin, dass man nicht gegen Russland sei u. sich nicht mit Russland beschäftige. Am 16. Okt. veröffentlichte der Untersuchungsausschuss der Republik Belarus die Einzelheiten des Strafverfahrens gegen Tikhanovskaja unter dem Artikel des StGB über die "Schädigung der nationalen Sicherheit". Seit dem 25. Mai 2021 sei Tikhanovskaja nicht mehr in der Datenbank der gesuchten Personen des Innenministeriums Russlands registriert, wurde verlautet. Am 13. Okt. stellte Svetlana Tikhanovskaja Präsident Lukashenko ein „Volksultimatum“: Wenn 3 Hauptforderungen – Rücktritt Lukashenkos, Beendigung der Gewalt gegen Demonstranten, Freilassung aller polit. Gefangenen – nicht innerhalb von 2 Wochen erfüllt würden, beginne am 26. Okt. ein Streik im Land. Die Führung von Belarus ignorierte das „Ultimatum“, u. Versuche, einen landesweiten Streik zu organisieren, blieben im Allgemeinen erfolglos. Nur wenige Gruppen von Mitarbeitern grosser Unternehmen, Vertreter kleiner Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor u. der IT-Branche sowie Studenten u. Dozenten einiger Universitäten folgten Tihkanovskajas Aufruf. Die Behörden reagierten mit der Entlassung der Streikenden u. der Verweisung von Studenten der öffentl. Universitäten, die an den Protesten teilnahmen. Nach dem Tod von s. Roman Bondarenko in Minsk am 12. Nov. kündigte Tikhanovskaja die Schaffung eines Volkstribunals an, das Beweise für die Verbrechen der belaruss. Behörden sammeln soll. Es wurde angekündig, fass Aktivisten ein zentralisiertes System zur Aufzeichnung u. Bestätigung von Beweisen für Verbrechen vorbereiteten. Das Lukashenko-Regime sollte dabei als „Terrororganisation" anerkannt werden. Tikhanovskaja forderte die Strafverfolgungsbehörden auf, Video- u.a. Beweise für die „Vollstreckung strafrechtl. Anordnungen“ vorzulegen diejenigen, die dies täten, könnten „mit einer Amnestie oder einer Milderung der strafrechtl. Verantwortlichkeit rechnen“. Am 14. Nov. forderte Tikhanovskaja die EU auf, die Sanktionen gegen Belarus auszuweiten.. Am 7. Dez. veröffentlichte das Internetportal tut.by – das später von den belaruss. Behörden gesperrt wurdeein Interview mit Tikhanovskaja, ihrem polit. Berater Aleksandr Dobrovolskij u. ihrem Berater für internationale Angelegenheiten, s. Franak Vechorko, die berichteten, dass die belaruss. Opposition einen Verfassungsentwurf auf der Grundlage der Verfassung von 1994 ausarbeite. Gleichzeitig erklärte Tikhanovskaja erneut, dass die Polizeibeamten, die an der gewaltsamen Auflösung der Protestkundgebungen beteiligt waren, zur Rechenschaft gezogen würden, wenn die Opposition an die Macht kommt. Im Dez. wurde ein Strafverfahren gegen Mitglieder des "Koordinierungsrats" der Opposition wegen der "Bildung einer extremist. Gruppe mit dem Ziel der verfassungswidrigen Machtergreifung" eingeleitet. Die Staatsanwaltschaft verlangte, dass Tikhanovskaja gemäss Art. 361 u. 357 StGB von Belarus zur Rechenschaft gezogen wird. Am 19. Jan. 2021 hielt Tikhanovskaja ein Online-Treffen mit EU-Vertretern bei der OSZE ab, bei dem sie ihre Bereitschaft ankündigte, innerhalb von 45 Tagen Neuwahlen in Belarus mit aktiver internationaler Unterstützung u. der Möglichkeit der eigenen sicheren Rückkehr nach Belarus abzuhalten. 2021 wurden weitere Strafverfahren gegen Tikhanovskaja von Seiten der belaruss. Strafverfolgungsbehörden eröffnet. Am 2. März übergab der Untersuchungsausschuss der Republik Belarus der Generalstaatsanwaltschaft von Belarus Dokumente für die Auslieferung von Svetlana Tikhanovskaja, die zusammen mit „Personen aus ihrem engeren Kreis“ auf einem Treffen der Gomel-Zentrale am 5. Aug. 2020 nach Art. 13 u. 293 StGB der "Vorbereitung für Massenunruhen“ u. nach  Art. 13 u. 292 StGB der "Beschlagnahme von Gebäuden u. Bauwerken“ beschuldigt wurden. Am 5. März 2021 beantragte die belaruss. Generalstaatsanwaltschaft bei der litauischen Generalstaatsanwaltschaft die Auslieferung Svetlana Tikhanovskajas. Die litauischen Behörden gaben bekannt, dass sie keine polit. Flüchtlinge an autoritäre Regime ausliefern würden. Im Juli weigerte sich Litauen offiziell, Tikhanovskaja an Belarus auszuliefern. Am 29. März teilte Generalstaatsanwalt Andrej Shved Journalisten mit, dass Svetlana Tikhanovskaja in dem eingeleiteten Strafverfahren wegen der "Vorbereitung eines Terroranschlags durch eine Personengruppe" beschuldigt werde. Im Mai 2021 teilten die Schlüsselfiguren der "National Endowment for Democracy", Karl Gershman u. Barbara Haig, in einem Video-Feed mit, dass die Stiftung eng mit Tikhanovskaja zusammenarbeite u. ihre Aktivitäten finanziere. Laut s. Roman Protasevich, der nach seiner Entführung auf dem Flug Athen-Vilnius am 23. Mai bei der Vernehmung durch die belaruss. Sicherheitskräfte unter Beteiligung der Generalstaatsanwaltschaft wohl unter Druck gesetzt wurde, werde Tikhanovskaja auch auf Kosten der litauischen Steuerzahler finanziert. Am 18. Juli reiste Tikhanovskaja zu einem Arbeitsbesuch in die USA, wo sie in Washington an Beamte der Regierung von Joe Biden appelliert habe, zusätzliche Sanktionen gegen belaruss. Unternehmen zu verhängen. Am 28. Juli traf sich Tikhanovskaja mit US-Präsident Joe Biden im Weissen Haus, wo Tikhanovskaja ihn bat, Belarus bei einem „gewaltfreien Übergang zur Demokratie" zu unterstützen. Am 12. Okt. wurde bekannt, dass gegen Tikhanovskaja ein neues Strafverfahren nach Art. 382 StGB wegen "unbefugter Aneignung eines Titels oder der Machtbefugnis einer Amtsperson" eingeleitet wurde. Durch die Entscheidung des Gerichts des Bezirks Centralnyj in Minsk wurde der Telegram-Kanal "Svetlana Tikhanovskaja" auf dem Territorium der Republik Belarus als extremistisch eingestuft. Für ihr polit. Engagement wurden Tikhanovskaja zahlreiche Anerkennungspreise verliehen; so erhielt sie neben Auszeichnungen in einzelnen Ländern am 22. Okt. 2020 den "Sacharov-Preis", der jährlich vom Europäischen Parlament verliehen wird. Während diese Auszeichnung in der Staatsduma Russlands kritisiert wurde, wurde die Politikerin selbst im Dez. 2020 von der russ. Zeitung Vedomosti zur "Person des Jahres“ in der Kategorie "Privatperson“ gekürt. Im Jan. 2021 nominierte der litauische Präsident Gitanas Nauseda Tikhanovskaja für den Friedensnobelpreis. Im April 2021 wurde Tikhanovskaja der "Lev-Kopelev-Preis" für ihre aktive Teilnahme am Kampf für demokrat. Freiheiten u. Menschenrechte in Weissrussland verliehen. Im April 2021 wurde sie von der polnischen Zeitung Gazeta wyborcza zur "Person des Jahres" ernannt. Die weissruss. Schriftstellerin u. Nobelpreisträgerin s. Svetlana Aleksievich bezeichnete Tikhanovskaja als „ein Symbol des Wandels“. Während ihrer Emigration suchte sie immer wieder den Kontakt mit westlichen Politikern u. hielt bei verschiedene Organisationen wie im EU-Parlament am 24. Nov. 2021 medial beachtete Reden, um auf die prekäre Situation in Belarus hinzuweisen u. eine stärkere Haltung gegenüber dem Lukashenko-Regime zu fordern. Dabei erwies sie sich überraschen als engagierte u. geistesgegenwärtige Politikerin. kluge Diplomatin, entschlossene Freiheits- u. Demokratekämoferin u. würdige Vertreterin ihres Volkes, obwohl sie vor der Präsidentenwahl 2020 mit Politik noch nichts zu tun gehabt hatte. Sie wollte nie Politikern werden, aber die Situation in ihrer Heimat habe sie dazu geführt. Im Aug. 2022 erinnerte Tikhanovskaja an die Ereignisse von vor 2 Jahren. U.a. sagte sie, dass sie in Belarus mit Widerstand gegen den russ. Krieg gegen die Ukraine rechnet, sollte ihr Land in den Krieg hineingezogen werden. Der Spiegel veröffentlichte einen Gastbeitrag, während sie in Vilnius ein "Vereintes Übergangskabinett verkündete", nachdem ihr in den eigenen Reihen vorgeworfen wurde, sie sei nicht entschlossen genug u. agiere nicht wirklich als Gegenpräsidentin zum Diktator A. Lukashenko. Im Mai 2023 warnte Tikhanovskaja Russland vor einem Einmarsch in Belarus.)

TIKHANOVSKIJ, Sergej Leonidovich II III IV V VI II III IV V VI VII VIII IX (wruss. CIKHANOŬSKI, Sjarhej, belaruss. Geschäftsmann, Oppositionsaktivist. Absolvent der Philolog. Fakultät der Staatl. Skaryna-Universität Homel. 2003 lernte er s. Svetlana Pilipchuk in Mozyr kennen. 2004 heirateten sie Svetlana nahm den Namen des Ehemanns an , u. sie zogen nach Homel. Nach 2004 arbeitete Tikhanovskij in der Marketingabteilung der Firma MTS. 2013 zog die Familie nach Minsk. Neben einem Club in Mozyr besass Sergej auch einen Nachtclub in Homel. Tikhanovskij besitzt 51% des Videodrehstudios "Compass", das in Russland, der Ukraine u. in Belarus tätig ist/war die restlichen 49% gehören Svetlana Tikhanovskaja. Das Studio drehte einige bekannte Werbespots für grosse Marken. Ausserdem besitzt Tikhanovskij 51% an "Raduga Entertainment", das sich in Liquidation befindet. Die restlichen 49% gehören seiner Frau. Im März 2019 eröffnete Tikhanovskij seinen YouTube-Kanal. Er filmte Interviews mit Oppositionspolitikern, erfolgreichen Unternehmern, übertrug live Protestaktionen, kritisierte die Behörden u. unterstützte unabhängige Abgeordnete. Am 15. Nov. 2019 hielt er eine Mahnwache unabhängiger u. oppositioneller Abgeordneter in Homel ab. Der Blogger erklärte, das Ziel seiner Aktionen sei „ein Machtwechsel" in Belarus. Neben dem YouTube-Kanal ist/war er in weiteren sozialen Netzwerken wie VKontakte, Odnoklassniki, Instagram u. Telegram vertreten.
Staatl. Verfolgungsjagd u. Strafjustiz:
Bald wurden die belaruss. Behörden auf den regimekritischen Blogger aufmerksam u. begannen, ihn auf beispiellose Art mit jurist. Massnahmen zu schickanieren, behindern u. verfolgen, mit fatalen Folgen für sein weiteres Leben. Am 20. Dez. 2019 fand in Minsk eine Kundgebung von Menschen statt, die gegen die Integration mit Russland waren. Auch Tikhanovskij war bei dieser Protestaktion dabei, von der aus er eine Live-Übertragung schaltete. Nach dieser Aktion stellte die Polizei dem Blogger ein Protokoll aus. Beamte der Strafverfolgungsbehörden warfen ihm vor, sich aktiv an der Aktion beteiligt u. "Es lebe Belarus!" gerufen zu haben. Am 27. Dez. wurde er am Stadtrand von Zhlobin festgenommen, als er auf der Autobahn zu Dreharbeiten nach Minsk fahren wollte. Vor Gericht verweigerte der Verschleppte ein Schuldgeständnis u. wies auf die Widersprüche in den Beweisen hin. Richterin Elena Shajn wies alle Anträge des Bloggers ab u. sprach ihn einer Straftat nach Art. 23.34 des Verwaltungsgesetzbuchs für schuldig u. bestrafte ihn mit 15 Tagen Haft. Der Blogger wurde im Gerichtssaal festgenommen. Im Mai 2020 wurde Tikhanovskij in der Nähe von Mogiljov von Bereitschaftspolizisten festgenommen. Er war als Beifahrer in einem Auto unterwegs, als es auf der Ringstrasse bei Mogiljov von der Verkehrspolizei angehalten wurde. Zusammen mit dem Blogger wurden die Fahrer festgenommen später wurden sie freigelassen. An diesem Abend wurden Aktionen zur Unterstützung Tikhanovskijs organisiert. Im Mai kündigte Sergej Tikhanovskij in seinem YouTube-Kanal seine Absicht an, am Präsidentschaftswahlkampf 2020 teilzunehmen u. für das Präsidentenamt der Republik Belarus zu kandidieren. Nachdem sich die Zentrale Wahlkommission ZWK von Belarus am 15. Mai geweigert hatte, die Initiativgruppe von Sergej Tikhanovskij zu registrieren, weil er unter Arrest stand, wurde am 20. Mai auf Antrag Tikhanovskajas die Initiativgruppe seiner Frau von der ZWK zugelassen, während ihr Ehemann 2 Tage zuvor vom Bezirksgericht Sovjetskij in Homel zu weiteren 15 Tagen Haft verurteilt wurde. Um welche Art von Delikt es sich handelte u. wann es begangen wurde, konnte das Gericht nicht erläutern. Am nächsten Tag lud das Bezirksgericht den Blogger erneut vor. Diesmal wurde er wegen Treffen mit Leuten in Soligorsk u. Miory angeklagt, die im März stattfanden. Vor Beginn des Prozesses sagte Tikhanovskij, dass 7 weitere Protokolle gegen ihn erstellt worden seien. Vor Gericht sagte der Blogger, dass die Anschuldigung auf falschen Fakten beruhten. Das Gericht entschied, Tikhanovskij der Organisation einer nicht genehmigten Massenveranstaltung für schuldig zu befinden u. ihn mit einer weiteren 15-tägigen Haftstrafe ui belegen. Am 20. Mai wurde Tikhanovskij unerwartet aus der Haft entlassen.u. in einem Auto in der Nähe seines Hauses abgesetzt. Nach seiner Freilassung beklagte er sich über diverse Schmerzen u. dass er während der Inhaftierung keine medizinische Versorgung erhalten habe. Als ihn ein Krankenwagen abholen wollte, wurde er am Verlassen der Wohnung gehindert. Am 29. Mai befand sich Tikhanovskij während einer Unterschriftensammlung in Grodno. Dabei ereignete sich ein denkwürdiger Vorfall: Während Sergej mit anwesenden Leuten sprach, näherte sich ihm gemäss veröffentlichtem Video eine ziemlich aufsässige Frau, die Tikhanovskij noch vor Ort als Provokateurin des Lukashenko-Regimes identifizierte u. auch so genervt bezeichnete. Die Frau beschwerte sich bei Polizisten, die plötzlich auftauchten u. sich auf Tikhanovskij zu bewegten, weil er ihre Fragen nicht beantworten wolle. Die Polizisten hielten Tikhanovskij zurück, wobei einer der Polizisten im Tumult plötzlich am Boden lag, nachdem er von einigen Anwesenden von Tikhanovskij weggestossen wurde. Tikhanovskij und weitere Personen wurden verhaftet, in einen Kleinbus gesteckt u. abtransportiert. Tikhanovskij u. seine Frau hielten den Vorfall für eine bewusst gesteuerte u. inszenierte Provokation der Organe. Tikhanovskij u. 7 weitere Personen wurden nach Minsk transportiert. Es wurde ein Strafverfahren wegen Körperverletzung unterschiedlicher Schwere an Mitarbeitern der Organe für innere Angelegenheiten eingeleitet. Am 31. Mai erkannte die Menschenrechtsgemeinschaft Sergej Tikhanowskij als polit. Gefangenen an. Die Provokationen gegen Tikhanvskij fanden ihre Fortsetzung. Am 4. Juni wurden bei der 3. Durchsuchung von Tikhanovskijs Datscha 900 Tsd. USD gefunden. Die Frau des Bloggers sagte, dass sie dieses Geld noch nie in ihrem Leben gesehen habe. Weitere Durchsuchungen fanden in Homel im Büro des Bloggers u. in der Wohnung von Sergejs 69-jährigen Mutter statt. Die Ermittlungen gegen Tikhanovskij wurden von der 3. Hauptdirektion für Korruptions- u. Terrorismusbekämpfung durchgeführt. Am 8. Juni lief die 10-tägige Haftstrafe Tikhanovskijs ab, woraufhin die Haftdauer um 2 weitere Monate verlängert wurde. Am 9. Juni erhob der Untersuchungsausschuss Anklage gegen Tikhanovskij nach Art. 342 Teil 1 StGB der Republik Belarus wegen "Organisation u. Vorbereitung von Aktionen, die die öffentliche Ordnung grob verletzen". Als am 10. Juni das Bezirksgericht Homel die Berufung Tikhanovskijs prüfte, die ein Verwaltungsverfahren in Bezug auf eine Haftstrafe vom Mai betraf, versuchte er dem Richter zu beweisen, dass er nicht gegen das Gesetz verstossen hatte, u. forderte das Gericht auf, die Entscheidung aufzuheben. Richter Aleksandr Suzhaev bestand darauf, dass eine „Kundgebung", eine „unerlaubte Veranstaltung" unter Beteiligung von Tikhanovskij stattgefunden habe. Tikhanovskij sprach von „Einschüchterung von Menschen" u. von Verfolgung „aus polit. Gründen". Am 13. Juni wurde bekannt, dass Tikhanovskij in eine Strafzelle verlegt wurde, in der er bis zum 19. Juni verblieb. Am 16. Juni wurde bekannt, dass ein neues Strafverfahren gegen Tikhanovskij nach Art. 191 StGB wegen "Behinderung der Ausübung des Wahlrechts, des Rechts zur Teilnahme an einem Referendum oder der Ausübung des Rechts" eröffnet wurde. ZWK-Chefin s. Lidija Ermoshina sagte gegenüber einer belaruss. Zeitung, dass sie ein Strafverfahren gegen Tikhanowskij einleiten liess. Am 20. Juni wurde bekannt, dass Tikhanovskij bis zum 26. Juni in der Strafzelle bleiben würde. Am 29. Juni erkannte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International Sergej Tikhanovskij als gewaltlosen polit. Gefangenen an. In einer geschlossenen Rede vor Aktivisten der Region Minsk erklärte Lukashenko, dass er mit der Inhaftierung Tikhanovskijs „ein Zeichen gesetzt" habe, denn er habe sich „Sorgen" um sein Land gemacht, für das er „immer noch verantwortlich" sei u. „immer verantwortlich sein" werde. Am 1. Juli fand im Lenin-Bezirk von Grodno der Prozess gegen Sergej Tikhanovskij in dessen Abwesenheit statt, da er sich im Untersuchungsgefängnis Nr. 1 in Minsk befand, von wo aus er mit dem Gericht per Videoschalte verbunden war. In der Pause sagte Tikhanovskij, dass das Geld, das in seinem Haus gefunden wurde, nicht von ihm stamme, sondern in das Haus gelegt worden sei. Als Ergebnis dieser Sitzung erliess Richter Jurij Kazakevich eine Resolution, wonach Tikhanovskij mit einer neuen Festnahme bestraft werden u. 15 Tage Haft wegen Ungehorsams gegenüber der Polizei bei der Mahnwache am 29. Mai erhalten sollte. Der Blogger selbst bestritt seine Schuld, sagte, dass ihn noch niemand mit dem Protokoll vertraut gemacht habe u. beantragte zusammen mit seinem Anwalt, ihm alle Unterlagen des Falls zur Überprüfung zuzustellen. Am 9. Juli fand vor dem Bezirksgericht Grodno eine Anhörung statt, um die Beschwerde Tikhanovskijs gegen das Gerichtsurteil zu prüfen. Bei dieser Verhandlung  wurde die Verhaftung Tikhanovskijs vom 29. Mai in Grodno verhandelt. Der Blogger bestritt jegliche Schuld. Sein Anwalt war bei der Sitzung nicht anwesend. Als Ergebnis der Verhandlung wurde die Entscheidung des Leninskij-Bezirksgerichts unverändert belassen u. der Antrag des Anwalts abgelehnt. Gleichzeitig fand im Moskauer Bezirksgericht in Minsk eine Anhörung über die Beschwerde Tikhanovskijs gegen die Entscheidung des Leiters der Untersuchungshaftanstalt Nr. 1 über die Verhängung von Strafen statt, wobei es sich um die Unterbringung in eine Strafzelle handelte. Die Berufung wurde wegen Verstössen gegen die Haftordnung – Sitzen auf der Fensterbank u. unsachgemässe Reinigung – abgelehnt. Wie am 13. Juli bekannt wurde, wurde Tikhanovskij zum 3. Mal in eine Strafzelle gesetzt, weil er unrasiert gewesen sein soll. Er blieb dort bis zum 14. Juli. Nachdem er die Strafzelle verlassen hatte, wurde Tikhanovskij nicht in die Zelle gebracht, in der er sich zuvor befand, sondern in eine Zelle für 15 Personen, wobei die dortigen kriminellen Häftlinge sich weigerten, ihn wegen seines angeblich „niedrigen sozialen Status“ anzunehmen. Der Anwalt des Bloggers erstattete Anzeige beim Amt für Strafvollstreckung in Minsk u. der Region Minsk u. bei der Staatsanwaltschaft der Stadt Minsk. Ausserdem stellte er bei der Ermittlungsbehörde einen Antrag auf Freilassung Tikhanovskijs, da seine Inhaftierung den Charakter grausamer u. unmenschlicher Behandlung gehabt habe. Am 23. Juli wurde im Lenin-Bezirk in Mogiljov ein weiterer Gerichtsprozess gegen Tikhanovskij abgehalten, bei dem er wegen der Tatsache angeklagt wurde, während einer Unterschriftensammlung für Svetlana Tikhanovskaja in der Nähe des Einkaufszentrums "Atrium" mit einem Sprachverstärker aktiv an der vom Stadtvorstand nicht genehmigten Streikposten teilgenommen u. damit gegen das Gesetz über eine Massenveranstaltung verstossen zu hben. Auch in diesem Fall erklärte sich Tikhanovskij für unschuldig. Das Gericht lehnte seinen Antrag ab. Am 29. Juli wurde bekannt, dass die Haftzeit Tikhanovskijs bis zum 29. Sept. verlängert worden war. Damit wurde ihm bei der Wahlkampagne jegliche polit. Betätigung verunmöglicht. Am 30. Juli wurde bekannt, dass die Hauptuntersuchungsabteilung der Zentrale des Untersuchungsausschusses der Republik Belarus eine neue Anklage gegen Tikhanovskij erhoben hatte, bei der ihm nach Art. 293 StGB vorgeworfen wurde, Massenausschreitungen vorbereitet u. nach Art. 130 StGB zum Hass gegen die Sicherheitskräfte aufgerufen zu haben. Am 18. Aug. teilte sein Anwalt mit, dass Sergej Tikhanovskij vom Untersuchungsgefängnis Nr. 1 in Minsk in das Gefängnis Nr. 8 in der Stadt Zhodino verlegt wurde. Am Vorabend fand vor dem Untersuchungsgefängnis Nr. 1 in Minsk eine Kundgebung zu seiner Unterstützung statt, bei der sich mehr als tausend Menschen einfanden. Am 29. Sept. wurde bekannt, dass die Untersuchungshaft Tikhanovskijs um weitere 2 Monate verlängert wurde. Nach Ablauf dieser Frist muss er laut Gesetz entweder freigelassen oder angeklagt werden. Seine Frau u. Kinder hatte er seit mehr als 4 Monaten nicht mehr gesehen. Am 10. Okt. erlaubten die Behörden Sergej, seine Frau anzurufen dies war ihr erstes Gespräch seit 134 Tagen. Am selben Tag besuchte Lukashenko medienwirksam die Untersuchungshaftanstalt des KGB in Minsk, um sich mit der Opposition sowie mit Mitgliedern des "Koordinierungsrats" der belaruss. Opposition zu treffen. Später wurde bekannt, dass Sergej Tikhanovskij bei diesem Treffen anwesend war. Zu diesem Zweck wurde er am frühen Morgen in Begleitung von maskierten Personen aus der Untersuchungshaftanstalt von Zhodino abgeholt u. nach Minsk gebracht. Aus Angst vor dem Coronavirus verweigerte Tikhanovskij den Händedruck mit Lukashenko. Tikhanovskij selbst war in der Übertragung im Staatsfernsehen nicht zu sehen. Während des Gesprächs mit dem Staatsoberhaupt versuchte er, seinen Standpunkt darzulegen, dass er wegen unbegründeter Anschuldigungen in Untersuchungshaft sei. Bei dieser Gelegenheit stellte der Häftling mehrere Fragen an Lukshenko, etwa, warum seine Frau auf die zwischenstaatl. Fahndungsliste gesetzt wurde, warum s. Marija Kolesnikova bei dem Treffen nicht anwesend war, usw., was bewies, dass der Häftling über die aktuellen Vorgängen gut informiert war. Ihm wurde zu verstehen gegeben, dass er nicht bald aus der Haft entlassen werden würde. Am 30. Nov. wurde bekannt, dass die Haft von Sergej Tikhanovskij um weitere 3 Monate verlängert wurde. Seit fast 5 Monaten sass der Blogger nun in Einzelhaft, er durfte BT, ONT u. STV gucken. Am 26. Feb. 2021 verlängerten die Ermittler die Haftdauer Tikhanovskijs erneit um weitere 2 Monate – bis zum 29. April. Am 11. März erhob der Untersuchungsausschuss von Belarus Anklage gegen Sergej Tikhanovskij gemäss vier Artikeln des StGB der Republik Belarus nach Art. 130 wegen "Aufstachelung zum sozialen Hass", Art. 293 wegen "Organisation von Unruhen", Art. 342 wegen "Organisation von Aktionen, die die öffentliche Ordnung grob verletzen", u. Art.191 wegen "Behinderung der Arbeit der ZWK". Am 14. Juni erfuhr Tikhanovskijs Anwalt, dass das Bezirksgericht Sovetskij in Homel in einem zivilen Steuerverfahren entschieden hatte, dass der Blogger eine erhöhte Steuer für die 900 Tsd. USD zahlen soll, die die Ermittler in seiner Datscha angeblich fanden. Das Gericht entschied, dass die Steuerbehörden von Tikhanovskij fast 258 Tsd. belaruss. Rubel eintreiben werden. Der Angeklagte war damit nicht einverstanden. Am 24. Juni begann im Untersuchungsgefängis Nr. 3 von Homel der nichtöffentl. Prozess gegen Tikhanovskij u.a. belaruss. Blogger. Wegen der Anklage, die die Staatsanwaltschaft gegen Tikhanovskij erhoben hatte, drohten ihm bis zu 15 Jahre Haft. Am Tag des Prozesses forderte die deutsche Bundesregierung die Freilassung Tikhanovskijs u.a. polit. Gefangener. Tikhanovskij selbst verweigerte die Anklage gegen ihn kategorisch, da er sie „für weit hergeholt u. polit. motiviert“ hielt. Der poln. EU-Parlamentarier Rados³aw Sikorski, der Tikhanovskij „patroniert“ hatte, sagte: „Die weissruss. Justiz ist eine Farce, u. das einzige Verbrechen von Herrn Tikhanovskij ist, dass er versuchte, sich wie ein Bürger eines normalen Landes zu benehmen, der polit. Ambitionen hat“. Der Vorsitzende der Partei BNF, s. Zenon Poznjak, nannte Tikhanovskij „den Organisator u. die eigentliche Autorität der Protestbewegung". Er bezeichnete die Festnahme Tikhanovskijs als rechtswidrig u. forderte seine Parteifreunde auf, dessen Freilassung zu fordern. Früher hatte Poznjak Tikhanovskij weniger günstig bewertet; er stellte fest, dass Tikhanovskij keine belaruss. Nationalsymbole verwendet. Im Sept. 2020 schlugen der ehem. Präsident des Europäischen Rats, der polnische Premierminister u. derzeitige Vorsitzende der Europäischen Volkspartei, Donald Tusk, die Nominierung der Familie Tikhanovskij für den Friedensnobelpreis vor. Zusammen mit anderen Mitgliedern der belaruss. Opposition wurde Tikhanovskij für den "Sacharov-Preis" nominiert. Am 22. Okt. gab das Europäische Parlament die Gewinner des "Sacharov-Preises" bekannt Sergej Tikhanovskij war unter ihnen. Am 14. Dez. 21 wurde Sergej Tikhanovskij vom Gebietsgericht Grodno zu 18 Jahren Straflager verurteilt.)

TSEPKALO, Valerij Viljamovich 2011   2015  2016  2016  2017  2017 2017 2018 5.20 5.20 5.20 5.20 5.20 5.20 5.20 6.20 6.20 6.20 6.20 6.20 6.20 7.20 7.20 7.20 7.20 7.20 8.20    8.20 8.20 8.20 8.20 8.20 8.20 8.20 8.20 8.20 9.20 9.20 9.20 9.20 9.20 9.20 9.20 9.20 9.20  10.20 10.20 10.20 10.20 11.20 11.20 11.20 11.20 12.20 1.211.21 2.21 2.21 2.21 4.21 5.21 5.21 5.21 5.21 5.21 5.21 5.21 5.21 5.21 6.21 6.21 6.21 6.21 6.21 6.21 6.21 6.21 6.21 6.21 6.21 7.21 7.21 7.21 8.21 8.21 8.21 9.21 9.21 9.21 9.21 9.21 10.21 10.21 10.21 10.21 10.21 10.21 10.21 11.21 11.21 11.21 11.21 11.21 11.21 11.21 11.21 11.21 11.21 11.21 11.21 11.21 (wruss. CEPKALA, Valeryj Viljamavich, belaruss. Jurist, Politiker, Diplomat, Manager u. Unternehmer. Aus Grodno/Hrodna. Ehem. Mitglied. der Wahlkampfzentrale von s. Aleksandr Lukashenko bei den Präsidentschaftswahlen 1994, ehem. 1. stv. Aussenminister von Belarus, ehem. Botschafter von Belarus in den USA u. Mexiko, ehem. Direktor des belaruss. Hochtechnologieparks HTP. Tsepkalo half den Regierungen verschiedener Länder der ehem. UdSSR beim Aufbau eines modernen IT-Sektors u. beriet die Behörden Saudi-Arabiens. Zur Entlassung Tsepkalos als Direktor des HTP trugen vermutlich Anklagen wegen Steuerverstössen eines der Unternehmen bei.
Politik:
Im Mai 2020 kündigte Valerij Tsepkalo auf seinem Facebook-Konto seine Absicht an, an der für den 9. Aug. 2020 angesetzten Präsidentschaftswahl in Belarus teilzunehmen. Valerij Tsepkalo war wie s. Viktor Babariko ein Kandidat aus dem liberalen Establishment, der auf die wachsende Unzufriedenheit der städtischen Mittelschicht mit der polit. u. wirtschaftl. Situation im Land hindeuteten. Ihre Programme waren ähnlich u. konzentrierten sich darauf, Anhänger sanfter Reformen u. einer wirtschaftl. Liberalisierung zu gewinnen.
Tsepkalo kritisierte das bestehende Regime im Land u. nannte es „ein veraltetes Managementschema, bei dem das ganze Volk jeden Tag auf die Stimmung einer Person schaut". Er erklärte die Notwendigkeit neuer Methoden zur Organisation der Gesellschaft u. des Staates, der Modernisierung, die Einstellung von Subventionen für ineffektive Staatsunternehmen u. Investitionen in die Gesundheitsversorgung u. Bildung. Er schlug vor, den skandinav. Weg zu gehen, bestehende Wärmekraftwerke zu sanieren, anstatt ein AKW zu bauen. Tsepkalo sprach sich für die Unabhängigkeit von Parlament u. Gerichten, die Beschränkung der Befugnisse des Staatsoberhaupts auf 2 Amtszeiten u. den Verzicht auf eine Präsidialrepublik aus. Er kündigte an, eine vorbildliche Infrastruktur für das Leben u. Studierenden im Land zu schaffen. ie Jahre der Präsidentschaft Lukashenkos nannte er „eine Zeit der Stagnation, öffentl. Apathie u. Gleichgültigkeit", wobei er den Nagel auf den Kopf traf. Laut Tsepkalo hat sich Lukashenko „vom Leben losgelöst, er weiss nicht, wie die Menschen leben, versteht ihre Erwartungen nicht“. Gleichzeitig weigerte sich Tsepkalo, sich als Oppositioneller zu positionieren u. prägte von sich das Bild eines Technokraten, der seine Erfahrungen aus der IT-Branche in die Regierung einbringen u. die Korruption durch die Einführung transparenterer Entscheidungsmechanismen in der öffentl. Verwaltung beseitigen will. Bereits auf der ersten Pressekonferenz sprach er sich für eine Multivektor-Aussenpolitik aus u. sagte, seine Priorität in der Aussenpolitik sei „Freundschaft mit allen". Belarus ist seiner Meinung nach verpflichtet, gleichzeitig gute Beziehungen zu den USA und der EU aufzubauen. Er war gleichzeitig aber auch ein Befürworter der Integration mit Russland im Rahmen des Unionsstaates, schlug jedoch vor, die Bedingungen des Abkommens zu überarbeiten. Er betonte, dass er „auf der Ebene der psycholog. Stereotypen“ keinen grundsätzlichen Unterschied zwischen Weissrussen, Russen u. Ukrainern sehe u. plane, den Status der russ. Sprache im Falle eines Sieges zu erhalten.
Analysten, Persönlichkeiten des öffentl. Lebens u. Politikwissenschaftler äusserten sich skeptisch gegenüber der Kandidatur Tsepkalos u. sahen in ihm einen Kompromissnachfolger der Regierung. Vertreter der IT-Branche hielten Tsepkalo für eine Scheinfigur, seine Nominierung sei mit der Präsidialverwaltung vereinbart worden. Im Mai 2020 kündigte Lukashenko an, dass es kompromittierende Beweise zu Tsepkalo gebe, u. deutete die Gründe für seine Entlassung aus dem Amt des HTP-Direktors an, weigerte sich jedoch, diese zu benennen. Als Reaktion darauf sagte Tsepkalo, seine Entlassung aus dem HTP sei auf seinen Widerstand gegen die Verhaftung von Geschäftsleuten u. die daraus resultierenden Konflikte mit der Generalstaatsanwaltschaft u. dem Untersuchungsausschuss zurückzuführen. Er bezeichnete das offensive Verhalten Lukashenkos als gängige Praxis für das polit. System des Landes u. hielt die Angriffe des Präsidenten für einen erfolglosen Versuch, das Rating zu erhöhen. Im Mai 2020 wurde unter der Leitung von Andrej Lankin eine Initiativgruppe für die Kandidatur Tsepkalos gegründet, der 884 Personen angehörten. Am 20. Mai bewilligte die Zentrale Wahlkommission ZWK die Initiativgruppe, die Unterschriften zur Unterstützung des potentiellen Kandidaten sammelten. Bis Anfang Juli wurden etwa 220 Tsd. Stimmen zusammengetragen, von denen 160 Tsd. ausgewählt u. der ZWK vorgelegt wurden. Von diesen erkannte die ZWK aber nur 75´249 Unterschriften als rechtmässig an. Gleichzeitig wollte die Kommission eine Diskrepanz zwischen dem tatsächlichen u. dem angegebenen Einkommen von Tsepkalos Frau aufgedeckt haben. Später gab die ZWK die Höhe des Einkommens vor Steuern u. Gebühren bekannt u. berücksichtigte auch Sacheinkommen. Darüber hinaus haben über 94,36% der abgelehnten Stimmen die Überprüfung nicht bestanden, da die Fristen von den Unterzeichnern nicht festgelegt worden seien. Auf diese Weise wurde ihm am 14. Juli somit die Zulassung als Kandidat verweigert. Tsepkalo focht die Weigerung, Unterschriftenlisten zu registrieren, vor dem Obersten Gericht des Landes an, wobei sein Antrag zurückgewiesen wurde. Nur im Bezirk Pervomaiskij in Bobrujsk räumte die ZWK Fehler in den Berechnungen ein, während in den übrigen Regionen „kein Grund" gefunden wurde, „die Ergebnisse der Unterschriftenprüfung für falsch zu halten“. Als Reaktion auf einen Aufruf von Wählern mit der Bitte, die eingereichten Dokumente noch einmal zu überprüfen, wurde durch die ZWK mitgeteilt, dass die Gesetzgebung ein solches Verfahren nicht vorsehe. Durch solche bürokrat. Ein- u. Vorwände der Behörden wurde laut dem Politologen Pavel Usov zuerst Tsepkalo aus dem Rennen genommen. In dieser Zeit konnte der Politiker selbst wegen des Verdachts einer Coronavirus-Infektion einige Zeit nicht in der Öffentlichkeit auftreten. Am 14. Juli nannte der Hohe Vertreter der EU für Aussenpolitik, Josep Borrell, die Situation eine Einschränkung des Willens der Weissrussen. Zur Unterstützung Tsepkalos u. Babarykos in Minsk, Pruzhany, Homel u. Brest fand eine Reihe von nicht genehmigten Kundgebungen mit Massenverhaftungen statt. Am 16. Juli vereinbarten Vertreter des Hauptquartiers von Valerij Tsepkalo, s. Svetlana Tikhanovskaja u. s. Viktor Babariko, sich zu einem einheitl. Wahlteam zusammenzuschliessen u. stellten ihre gemeinsamen Ziele vor. Unter Berücksichtigung der Angst um seine Sicherheit u. der Gefahr einer strafrechtl. Verfolgung im Zuge der Repression gegen Oppositionspolitiker verliess Tsepkalo am 24. Juli das Land in Richtung Moskau. Unter der Annahme, dass seine Kinder zu einem Druckmittel werden könnten, nahm Tsepkalo sie ausser Landes. Im Zuge von Ermittlungsmassnahmen verhörten Mitarbeiter des Innenministeriums Tsepkalos Ehefrau u. Schwägerin. Für eine Weile beschloss Valerij Tsepkalo, sich auf die Abhaltung von Pressekonferenzen vom Ausland au zu beschränken, um der Weltgemeinschaft über den tatsächlichen Stand der Dinge in Weissrussland zu berichten. In einem offenen Brief appellierte er an mehr als 30 führende Politiker der Welt, darunter US-Präsident Donald Trump, die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel u. den russ: Präsidenten Vladimir Putin, Belarus bei der Abhaltung fairer Wahlen zu unterstützen. Im Sept. sprach er von der Möglichkeiten, Lukashenko in Den Haag den Prozess zu machen. Am 6. Jan. 2021 kündigte er die Gründung des "Weissruss. Demokrat. Forums" an, um „alle gesunden Kräfte bei Verfassungsreformen" u. „als Reaktion auf eine pseudonationale Gesamtvolksversammlung“ zu vereinen. Im Mai 2021, kurz nach der Festnahme von s. Roman Protasevich, kündigte Tsepkalo den Start einer „neuen Bürgerinitiative" an, um Gelder zu sammeln, um diejenigen Vertreter der Siloviki-Strukturen oder der Zivilgesellschaft zu belohnen , denen es gelingt, den „Kriminellen Nr. 1“, Aleksandr Lukashenko, zu verhaften.
Um den Wahlkampf zu finanzieren, verkaufte Valerij Tsepkalo sein 418,3 m² grosses Haus im Rahmen eines Leaseback-Programms für die Nationalbibliothek, nutzte es aber weiter. Am 24. Juni 2020 legte ein belaruss. Geschäftsmann türkischer Herkunft, ein gewisser Sedat Igdeji, mit einer Anzeige gegen Valerij Tsepkalo bei der Generalstaatsanwaltschaft Berufung ein. Der Kläger behauptete, Tsepkalo habe während seiner Arbeit bei der HTP ein Bestechungsgeld von ihm in Form des Baus dieses Hauses im Wert von 200 Tsd. USD angenommen, den Urlaub sowie 1 Mln. USD in bar bezahlt. Im Gegenzug hätten die Igdeji-Firmen den Zuschlag bei der Ausschreibung zum Bau eines Forschungs- u. Produktionskomplexes für das HTP erhalten. Als sich der Bauherr geweigert habe, Tsepkalo weiter zu sponsern, habe er begonnen, „Probleme zu machen“ u. den Widerruf der Baugenehmigungen der Firmen erwirkt. Igdeji seien so Kosten in Höhe von rund 15 Mln. USD entstanden. Während des Prozesses gab es weitere heikle Aussagen u. Widersprüche. Im Laufe des Verfahrens warfen sich die Parteien gegenseitig Meineid, Ehr- u. Würdeverletzung vor. Aber Igdejis Opposition gegen Tsepkalo hatte im Grunde nichts mit dessen polit. Aktivitäten zu tun, sondern es ging offenbar hauptsächlich um die Verwendung von Geld aus dem Verkauf des Hauses im Wahlkampf. Tsepkalo selbst betrachtete die Anschuldigungen dennoch als polit. motivierte Provokation.
Vom 17. Dez. 2020 bis Aug. 2021 lebte die Familie Tsepkalo in Lettland. Am 8. Feb. 2021 legte der Untersuchungsausschuss von Belarus der Generalstaatsanwaltschaft Dokumente zur Auslieferung von Valerij Tsepkalo vor. Ihm wurde vorgeworfen, "eine Reihe von Korruptionsverbrechen" begangen u. "ein hohes Bestechungsgeld erhalten zu haben". Am 11. Feb. beantragte die Generalstaatsanwaltschaft von Belarus bei der Generalstaatsanwaltschaft Lettlands die Auslieferung Tsepkalos. Am 7. Juli weigerte sich Lettland offiziell, Tsepkalo auszuliefern. Am 2. Aug. zog Tsepkalo nach Kiev. Eine Woche später verliess auch seine Frau das Land, nachdem s. Marija Kolesnikova inhaftiert wurde. Am 15. Aug. wurde in Belarus ein Strafverfahren gegen Tsepkalo eröffnet. Er wurde in Belarus u. Russland auf die Fahndungslisten gesetzt. Am nächsten Tag teilte der Politiker mit, nach Polen zu ziehen, um sich mit einflussreichen Politikern zu treffen. Er kündigte auch die Bildung der "Front der Nationalen Rettung" in Weissrussland an, die die Bevölkerung gegen die gewaltsame Machtergreifung von Aleksandr Lukashenko mobilisieren sollte. Am 18. Aug. traf die ganze Familie in Warschau ein. Später verreiste sie nach Griechenland.)

TSEPKALO, Veronika Valerevna II III IV V VI VII VIII IX X XI XII XIII XIV XV XVI XVII XVIII; II III IV V VI VII VIII IX X XI XII XIII (wruss. CEPKALA, Veranika Valerieŭna, belaruss. IT-Managerin u. polit. Aktivistin, Ehefrau u. von s. Valerij Tsepkalo. Stammt aus Mogiljov. Studierte an der Fakultät für Internationale Beziehungen der Belaruss. Staatl. Universität, an der Hochschule für Management u. Wirtschaft der Belaruss. Staatl. Wirtschaftsuniversität u. am National Institute of Small and Medium Enterprises in Hyderabad, Indien. Sie arbeitet/e als Business Development Managerin für Microsoft, verantwortlich für die Arbeit in 12 GUS-Staaten. Als ihr Ehemann Valerij Tsepkalo seine Teilnahme an den Präsidentschaftswahlen in der Republik Belarus vom Aug. 2020 ankündigte, begleitete sie ihn auf Reisen u. unterstützte ihn auf jede erdenkliche Weise. Nachdem am 14. Juli 2020 Valerij Tsepkalos Kandidatur jedoch von der Zentrale Wahlkommission ZWK die Zulassung verweigert wurde, wurden die Hauptquartiere der alternativen Kandidaten s. Svetlana Tikhanovskaja, s. Viktor Babariko u Valerij Tsepkalo zusammengelegt. Von diesem Zeitpunkt an vertrat Veronika das Team ihres Mannes bei den Manifestationen von Tikhanovskaja, während Valerij u. seine Kinder es vorzogen, das Land zu verlassen. Aber auch Veronika Tsepkalo selbst war während der gesamten Wahlkampagne dem Druck der Behörden ausgesetzt: Sogar ihre Schwester wurde von den Behörden vorgeladen, um gegen Valerij Tsepkalo auszusagen. Am 30. Juli sprach Veronika während einer Kundgebung in Minsk in ihrer Rede über die persönliche Tragödie ihrer Familie u. über  ein gefälschtes Strafverfahrens gegen ihre Mutter. Aus Angst vor dem Verlust ihrer Freiheit durch polit. Verfolgung floh sie am Vorabend der Präsidentschaftswahl, also am 8. Aug., aus dem Land u. schloss sich ihrem Mann nach Moskau an. Ihre Stimme gab sie in der belaruss. Botschaft in Moskau ab. Nach der Wahl vom 9. Aug., bei denen der amtierende Präsident s. Aleksandr Lukashenko aufgrnd eines wohl gefälschten Ergebnisses seinen triumphalen Sieg verkünden liess, forderte Veronika Tsepkalo andere Länder auf, Svetlana Tikhanovskaja als rechtmässig gewählte Präsidentin von Belarus anzuerkennen. Am 19. Aug. 2020 wurde berichtet, dass Tsepkalo mit ihrem Mann u. ihren Kindern in Polen waren. Danach hielt sich die Familie in der Ukraine u. in Lettland auf. Seit Aug. 2021 lebt sie offenbar in Griechenland.)

TSHISTOSERDOVA, Anna (belaruss. Künstlerin, Kuratorin u. Mitbegründerin der Minsker Galerie für moderne Kunst "Ŭ". S. auch Buch von O. Shparaga, S. 25.)

SHPARAGA, Olga II III IV V VI (wruss. SHPARAHA, Volha, belaruss. Philosophin, lehrt Philosophie am "European College of Liberal Arts" in Minsk. Mitglied der feminist. Gruppe des "Koordinierungsrats zur Organisation des Prozesses zur Überwindung der polit. Krise“, des polit. Organs der belaruss. Opposition gegen den autoritären Staatschef s. Aleksandr Lukashenko. 2021 erschien im Suhrkamp-Verlag ihr Buch Die Revolution hat ein weibliches Gesicht. Der Fall Belarus. Darin charakterisiert die Autorin die Umwälzung von 2020 in ihrem Land u. stellt die Ereignisse in den Kontext europäischer u. globaler Emanzipationsbewegungen.)

SHCHITCOVA, Tatjana (belaruss. Philosophin, Professorin an der "Europäischen Humanist. Universität" in Vilnius, Litauen. Verfasserin des Artikels s "Evristika i poetika belorusskoj revoljucii". S. auch Buch von O. Shparaga, S. 205.)

ZNAK, Maksim (belaruss. Rechtsanwalt u. führender Oppositioneller in Weissrussland, Mitglied des sog. "Koordinierungsrats zur Organisation des Prozesses zur Überwindung der polit.Krise“, der im Zuge der Proteste im Aug. 2020 nach der vermutlich gefälschten Präsidentschaftswahl vom 9. Aug. 2020 gegründet wurde. Znak war früher der Anwalt s. Viktor Babarikos, der selbst zur Präsidentschaftswahl 2020 antreten wollte. Im Sept. 2020 wurde Znak von den belaruss. Behörden festgenommen u. verschwand vorläufig spurlos. Von Amnesty International wurde er als polit. Gefangener eingestuft. Im Sept. 2021 wurde er zu 10 Jahren Haft in einem Hochsicherheitsgefängnis verurteilt – gleichzeitig wurde s. Maryja Kolesnikova zu 11 Jahren Haft in einem Gefängis mit normalem Strafvollzug verurteilt. Nach Angaben s. Lilija Vlasovas schrieb Znak einen Entwurf für eine neue belaruss. Verfassung. 2023 erschienen seine Geschichten aus dem Gefängnis.)



Erstellt 02.22. Neuster Stand 06.23 (49)